Full text: Deutsche Poesie von den Romantikern bis auf die Gegenwart

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Emil Rittershaus 
;Sehet, wie sie stolz sich heben! 
Seht, wie sie zum Himmel streben 
Pfeiler, Türme, Blätterranken, 
Steingeword'ne Gottgedanken! 
Hoch bis in das Wolkenreich 
10 Reckt sich auf das Steingezweig! 
In dem deutschen, heiligen Strom 
Spiegelt sich ab der heilige Dom. 
Mit den Blumen, Figuren und Bogen 
Spiegelt es sich in den blitzenden Wogen, 
15 Und auf den Wogen, den schimmernden Bahnen, 
Ziehen die Schiffe mit flatternden Fahnen, 
Und in den Gassen, da singet und klingt es, 
Und von den Lippen zum Himmel auf schwingt es 
Hell sich empor 
20 In festlichem Chor: 
Was vor Jahrhunderten Meister erdacht, 
Heut' ist's vollendet, heut' ist's vollbracht! 
Es sprach ein Fürst an dieser Stelle; 
Er sprach das Wort am deutschen Strom; 
25 „Auf, Meister, Lehrling und Geselle, 
Vollendet sei der alte Dom! 
Heran aus allen deutschen Reichen! 
Mit Gott in frischem Mut geschafft! 
Es sei der Dom ein stolzes Zeichen 
zo Von deutscher Einheit, deutscher Kraft!“ 
Und wenn Vollendung ward dem Werke, 
Zu dem sich rüstig regt die Hand, 
Dann zeug's von Mut und von der Stärke 
Des Volks im deutschen Vaterland! 
35 Dann zeug' es von dem Brudersinne 
Der Deutschen alle, nah und fern! 
Und rauschend bis zur höchsten Zinne 
Mag fromm ertönen: Dank dem Herrn! 
Ja, Dank dem Herrn! Es ist geschehen; 
10 Es kam nach Kampf und Schwerterstreich, 
Es kam ein glorreich Auferstehen 
Dem alten, deutschen Kaiserreich. 
Vom Meere bis zum Alpenhügel, 
Von Polen bis zur Maas und Saar 
Hat ausgespannt die breiten Flügel 
Der mächt'ge Hohenzollern-Aar.
	        
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