Full text: Deutsche Poesie von den Romantikern bis auf die Gegenwart

Klemens Brentand 
38. Frühlingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe. 
1. Meister, ohne dein Erbarmen 9. Und dann scheinen bös Ge— 
Muß im Abgrund ich verzagen, züchte 
Willst du nicht mit starken Armen Mir die bunten Lämmer alle, 
Wieder mich zum Lichte tragen. Die ich grüßte, süße Früchte, 
2. Juhrlich greiset deine Onle Die mir reiften, bittre Galle 
In die Erde, in die Herzen; 10. Herr, erbarme du dich meiner, 
Jährlich weckest du die Blüte, Daß mein Herz neu blühend werdel 
Weckst in mir die alten Schmerzen. Mein erbarmte sich noch keiner 
8. Einmal uur zum Licht ge— Von den Frühlingen der Erde. 
boren, 11. Meister, wenn dir alle Hände 
Aber tausendmal gestorben, Nahn mit süß erfüllten Schalen, 
Bin ich ohne dich verloren, Kann ich mit der biltern Spende 
Ohne dich in mir verdorben. Meine Schuld dir nimmer zahlen. 
4. Wenn sich so die Erde reget, 12. Ach! wie ich auch tiefer wühle, 
Wenn die Luft so sonnig wehet, Wie ich schöpfe, wie ich weine, 
Dann wird auch die Flut beweget, Nimmer ich den Schwall erspüle 
Die in Todesbanden stehet. Zum Hristallgrund, fest und reine. 
5. Und in meinem Herzen schauert 13. Immer stürzen mir die Wände; 
Ein betrübter, bittrer Bronnen; Jede Schicht hat mich belogen, 
Wenn der Frühling draußen lauert, Und die arbeitblut'gen Hände 
Kommt die Angstflut angeronnen. Brennen in den bitern Wogen. 
6. Weh! durch gift'ge Erdenlagen, 14. Weh! der Raum wird immer 
Wie die Zeit sie angeschwemmet, enger, 
Habe ich den Schacht geschlagen, Wilder, wüster stets die Wogen; 
Und er ist nur schwach verdämmet. Herr! o Herr! ich treib's nicht länger — 
7. Wenn nun rings die Quellen Schlage deinen Regenbogen! 
schwellen, 15. Herr, ich mahne dich, ver⸗ 
Wenn der Grund gebärend ringet, schone! 
Brechen her die bittlern Wellen, Herr, ich hört' in jungen Tagen, 
Die kein Witz, kein Fluch mir Wunderbare Rettung wohne — 
zwinget. Ach! — in deinem Blute, sagen. 
8. Andern ruf' ich: „Schwimme! 16. Und so muß ich zu dir 
schwimme!“ schreien, 
Mir lann dieser Ruf nicht taugen! Schreien aus der bittern Tiefe, 
Denn in mir ja steigt die grimme Könntest du auch nie verzeihen, 
Sündflut, bricht aus meinen Augen. Daß dein Knecht so kühnlich riefe. 
17. Daß des Lichtes Quelle wieder 
Rein und heilig in mir flute, 
Träufle einen Tropfen nieder, 
Jesus, mir von deinem Blute!
	        
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