Karl Gerok.
Hundertundzwanzig durchrungene Jahre
Furchten die Stirne und bleichten die Haare;
Aber sie schwächten das Adlergesicht,
Beugten die eisernen Schultern ihm nicht.
3. Müder Wandrer, bist am Ende;
Leg ihn hin, den schweren Stab!
Falte fromm die hagern Hände!
Hier auf Nebo harrt dein Grab;
Aber am Ziele zum Lobe der Gnade
Mustre noch einmal der Wanderschaft Pfade,
Reich an Beschwerde, noch reicher an Schuld,
Aber am reichsten an göttlicher Huld!
4. Vreise deines Gottes Hilfe,
Der 9 wundervoll regiert,
Der dich von des Niles Schilfe
Bis zum Jordan treu geführt,
Der durch des Meeres verderbliche Wogen
Trockene Pfade dem Volke gezogen,
Der euch mit Manna vom Himmel genährt
Und aus dem Felsen euch Wasser beschert.
5. Doch nun vorwärts, vorwärts schaue!
Siehe da dein Kanaan:
Eine Paradieses-Aue,
Glänzt's von Bersaba bis Dan!
O, wie durchblitzen die fruchtbare Fläche
Funkelnde Burgen und schimmernde Bäche!
O, wie durchwindet das grünende Land
Silbern des Jordans geschlängeltes Band!
6. Hier von Jerichos Palmenwäldern,
Schattenreich und früchteschwer,
Bis zu Sarons Blumenfeldern,
Bis zum blauen Mittelmeer;
Dort von des Schwefelsees finsterem Becken,
Bis wo Tiberias' Hügel sich strecken,
Bis zu des Libanon dämmerndem Blau —
Selige Fluren, entzückende Schau!
7. Ahnst du schon in diesen Räumen
Deines Gottes großes Tun?
Siehst du unter Feigenbäumen
Schon dein Volk in Frieden ruhn?
Schaust auf Morijas geheiligten Hügeln
Salomos Tempel im Geiste sich spiegeln,
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