Full text: Deutsche Poesie von den Romantikern bis auf die Gegenwart

Ernst von Wildenbruch. — 
„Dich grüß' ich, dich und alle euch, 
Genossen ihr im Schlachtgefilde! 
11. Der heiße Tag ist nun dahin, 
An dem gemeinsam wir gerungen; 
Nun kommt die Nacht, und manchen hat 
Der tiefe Schlaf bereits bezwungen. 
12. Und manches Auge, das noch wacht, 
Läßt müde schon die Wimper sinken. 
Der Herbstwind rauscht; von fern, von fern 
Seh' ich's mit stummen Händen winken. 
13. Doch was die Stunde bringen mag 
Auf nachtumhüllten Zukunstschwingen, 
Sagt, kann sie uns Vergessen je 
Und Ende unsrer Treue bringen?“ 
14. Da geht ein Rauschen durch die Luft, 
Ein Nachhall flüstert leis und leiser: 
„Dein waren wir, dein bleiben wir 
Hüben und drüben, Herr und Kaiser!“ 
957. Moltke. 
(Zum 90. Geburtstage, 26. Oltober 1890.) 
1. Er hat getan gleich seinem Lande, 
Das lange schweigt und stumm erträgt, 
Bis daß Gedulden schwillt zum Rande 
Und bis zur Tat die Stunde schlägt. 
2. Er hat gewartet und gewogen 
Stumm wie der Steuermann am Schiff, 
Bis daß die Wettervögel flogen, 
Und bis der Sturm herüberpfiff. 
3. Da, als der Feinde Stimmen grollten, 
Stand er bereit, dem Sturm bewehrt, 
Und als sie uns ans Leben wollten, 
Gab er in unsre Hand das Schwert. 
4 Es tam die wundervolle Stunde, 
Da Größe sich zu Größe fand; 
Wir sahen, wie im mächt'gen Bunde 
Das Dreigestirn von Männern stand: 
5. Wilhelm, der Held, der Golt-Erwählte, 
Bismarck, der Mächtige im Rat, 
Der Plan war fertig, eins noch fehlte — 
Aus Moltkes Händen kam's — die Tat. 
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