Full text: Deutsche Poesie von den Romantikern bis auf die Gegenwart

Ernst Moritz Arndt. 
101. Die Leipziger Schlacht. 
813) 
1. „Wo kommst du her in dem roten Kleid 
Und färbst das Gras auf dem grünen Plan?“ 
„Ich komm' aus blutigem Männerstreit; 
Ich komme rot von der Ehrenbahn. 
Wir haben die deutsche Schlacht geschlagen; 
Drob müssen die Mütter und Bräute klagen. 
Da ward ich so rot.“ 
2. „Sag an, Gesell', und verkünde mir, 
Wie heißt das Land, wo ihr schlugt die Schlacht?“ 
„Bei Leipzig trauert das Mordrevier, 
Das manches Auge voll Tränen macht; 
Da flogen die Kugeln wie Winterflocken 
Und Tausenden mußte der Atem stocken 
Bei Leipzig der Stadt.“ 
3. „Wie heißen, die zogen ins Todesfeld 
Und ließen fliegende Banner aus?“ 
„Die Völker kamen der ganzen Welt 
Und zogen gegen Franzosen aus; 
Die Russen, die Schweden, die tapfren Preußen 
Und die nach dem glorreichen Osterreich heißen, 
Die zogen all aus.“ 
4. „Wem ward der Sieg in dem harten Streit? 
Wem ward der Preis mit der Eisenhand?“ 
„Die Welschen hat Gott wie die Spreu zerstreut; 
Die Welschen hat Gott verweht wie den Sand. 
Viel' Tausende decken den grünen Rasen; 
Die übrig geblieben, entflohen wie Hasen. 
Napoleon mit.“ 
5. „Nimm Gottes Lohn! Habe Dank, Gesell'! 
Das war ein Klang, der das Herz erfreut; 
Das klang wie himmlische Zimbeln hell; 
Habe Dank der Mär von dem blutigen Streit! 
Laß Witwen und Bräute die Toten klagen; 
Wir singen noch fröhlich in spätesten Tagen 
Die Leipziger Schlacht. 
6. O Leipzig, freundliche Lindenstadt, 
Dir ward ein leuchtendes Ehrenmal: 
Solange rollet der Jahre Rad, 
Solange scheinet der Sonnenstrahl, 
Solange die Ströme zum Meere reisen, 
Wird noch der späteste Enkel preisen 
Die Leipziger Schlacht.“
	        
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