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genommen, worauf die Christen Tage lang Muhammedaner und Juden jeden 
Alters und Geschlechts mordeten. Ein sehr grosses ägyptisches Heer schlug 
Gottfried von Bouillon, seit 22. Juli durch Wahl „Vogt des heiligen 
Grabes“, 12. August 1099 bei Askalon mit dem höchstens noch 25 000 Manu 
zählenden christlichen Heer. Anfangs 1100 kehrten die meisten ins Abendland 
heim. Die geringe zurückbleibende Zahl war auf neuen Zuzug vom Abendland 
angewiesen; grosse Operationen konnten auch später die „Franken“ überhaupt 
nur dann ausführen, wenn ein Kreuzzugsheer eingetroffen war. Von drei grossen 
Heeren, die 1101 aus der Lombardei, Frankreich und Süddeutschland auszogen, 
gelangten, da zwei auf dem Marsch gegen Bagdad am Halys, das dritte bei 
Eregli in der Nähe von Ikonium beinahe gänzlich vernichtet wurden, nur wenige 
nach Syrien. 
§ 32. Ausgestaltung und Verfassung (1er Kreuzfahrerstaaten. 
Ritterorden. 
Balduin I. (1101—1118), bisher Graf von Edessa, nach 
Gottfrieds Tode erster „König von Jerusalem“, verschaffte der 
Krone dem Patriarchat gegenüber das Uebergewicht und schlug 
grosse Angriffe der Fatimiden, sowie des Emirs von Mosul ab. 
Unter ihm und seinem Neffen Balduin II., 1118—1131, wurden 
die fränkischen Staaten abgerundet und bestandfähig durch die 
Eroberung der Küstenstädte (Cäsarea 1101, Akkon 1104, 
Tripolis 1109, Beirut und Sidon 1110, Tyrus erst 1124) mit ei- 
Mi tWirkung vor allem der italienischen Handelsstädte. 
Das Fürstentum Antiochien dehnte sich aus, zum Teil im Kampf 
mit Byzanz und schliesslich von demselben gehemmt. Die Fran¬ 
zosen, hinter denen die Normannen bald zurücktraten, gaben 
am meisten den Kreuzfahr er Staaten ihr Gepräge. Die geringe 
Wehrkraft (das Königreich Jerusalem für sich konnte in seiner 
besten Zeit nur 600 Ritter und 8000 Mann zu Fuss aufbringen) 
wurde ergänzt durch die Ritterorden, die mit den Mönchs- 
geliibden die Pflicht, zunächst die Pilger zu schützen, bald über¬ 
haupt die Ungläubigen zu bekämpfen, verbanden. Aber diese 
Ritterorden wurden rasch jeder ein Staat für sich, vielfach auch 
mit eigener Entschliessung über Krieg und Frieden. 
Der Bestand der Kreuzfahrerstaaten erforderte Zufuhr von Getreide 
(auch aus Cypern), Waffen, Pferden, Tuch, vor allem aber von Geld 
aus dem Abendland. Die Pullanen, d.h. die im Lande geborenen Nach¬ 
kommen von Franken und einheimischen, grossenteils syrischen und arabischen 
Müttern niederen Standes, nahmen vielfach orientalisches Wesen an. 
Der König von Jerusalem, dessen Würde seit Balduin II. auch in weiblicher 
Linie erblich war, hatte gegenüber den drei anderen „grossen Seigneurs“, die 
für sich das Recht über Krieg und Frieden besassen, ausser dem Recht des Ober¬ 
befehls bei gemeinsamen Unternehmungen nur Ehrenrechte. Das in den noch 
erhaltenen (der Hauptsache nach erst im XIII. Jahrhundert abgefassten) assises 
et bons usages du royaume de Jerusalem niedergelegte Lehnsrecht schützte 
den Lehnsmann mehr gegen den Lehnsherrn als umgekehrt. Die Lehen wurden 
von Anfang an im ganzen zu unbeschränkter Erblichkeit verliehen. Ohne
	        
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