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angestellt war; am 1. Oktober 1777 läßt sich „Antonius Neithardt, Torga—
viensis, als Stud. phil. an der dortigen Universität immatrikulieren, sein
Schildbürgerrecht hierbei hintenansetzend! Ein Jahr später tritt er in den
österreichischen Heeresdienst, und nach dem bayrischen Erbfolgekriege als
Leutnant in ein Jägerbataillon des Markgrafen von Ansbach-Baireuth.
1782 schickt man ihn mit einem Bataillon nach Amerika, wo er reiche mili⸗
tärische Erfahrung sammelt, obwohl bei seiner Ankunft bereits Friede ge—
schlossen war. 1785 tritt er in das preußische Heer ein, hoffend, sich als
Offizier für den Generalstab heranbilden zu können; allein Friedrich der
Große schickt ihn als jüngsten Premierleutnant nach Löwenberg zu einem
neuerrichteten Frei-Regiment. Während seines dortigen 10jährigen Aufent -
haltes studiert Gneisenau eifrigst Kriegswissenschaften und verschafft sich
auch eine umfassende allgemeine Bildung. 1790 wird er Stabskapitän und
nach seiner Rückkehr vom polnischen Feldzuge 1798 erfolgt seine Ernennung
zum Kompagniechef in Jauer. Dort vermählte er sich mit dem Freifräulein
Taroline von Kottwitz; die Bedenken der Mutter beschwichtigt Major von
Putlitz mit den Worten: „Es ist wahr, er besitzt nichts, aber er kommt doch
durch die ganze Welt.“ Die Ehe ist glücklich, wenn auch nicht sorgenfrei.
Die Briefe an die Braut offenbaren Gneisenaus ritterlichen Charakter,
und seine späteren Briefe an seine Kinder zeigen, was der große Stratege
für ein lieber väterlicher Erzieher war. Sein freundliches Daheim hat ihm
zeitweise oft den Wunsch aufgedrängt, das Kriegshandwerk mit dem Pfluge
zu vertauschen. 1806 war es ihm besonders schmerzlich, daß sein Wort
seiner geringen Charge wegen nicht ins Gewicht fiel: schon lange vor den
Tagen von Jena hatte er die Rückständigkeit des preußischen Heeres, den
Fortschritt und die Überlegenheit der französischen Kriegsführung erkannt.
Nach dem Gefecht bei Saalfeld rettet er sich durch die Saale auf das rechte
Ufer. Am 14. Oktober trifft er durch mannigfache Verkettung der Umstände
mit General Rüchel zusammen, der ihn bei sich behält, obwohl verwundet,
macht er den unüberlegten Angriff mit, „der den Untergang der altpreußischen
Infanterie besiegelte.“ Trostlos über den Unstern des „selbstgewählten
Vaterlandes“ klagt er „Kleinmut herrscht überall und das Zeitalter ist so
kraftlos, daß die Idee mit Anstand zu fallen, für eine poetische Exaltation
gilt.“ Im Dezember noch wird er Major, er, der verlangt hatte, die Volks⸗
massen zu einer allgemeinen Kriegserhebung zur Erhebung zu bringen,
muß als Brigadier in Alexoten, einem polnischen Orte, die Rekruten ein⸗
exerzieren. Seine Reformvorschläge und Denkschriften ziehen indes das
Augenmerk aufmerksamer oberer Instanzen auf sich, der König beordert
ihn, nachdem er mit zwei Bataillonen zur Verteidigung Danzigs geeilt
war, von dort nach Kolberg. Seine heldenmütige Verteidigung und Ret—
tung der Festung sind durch Heyses „Colberg“ und die „Lebenserinnerungen“
des alten Nettelbeck genugsam bekannt. Nach dem Tilsiter Friedensschluß
gehörte Gneisenau unter andern Spezialkommissionen der Reorganisa—
lions⸗Kommission an, die unter dem Vorsitz des Generalmajors Scharn—
horst an der Wiederherstellung und Reform der Armee arbeitete. auch wurde