Full text: Die Freiheitskriege in Lied und Geschichte

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er eben durch die Imnigkeit des Herzens und die Gewalt der Gefühle 
beschattet und bewölket war, daß er den Mann, welchen man nur als 
einen Vierziger vor sich zu sehen geglaubt hatte, in einem plötzlichen 
Dunkel, gleichsam wie einen gealterten Greis, zeigte. Ich habe keinen 
so geschwinden Wechsel an einem Manne gesehen. Aber sobald der Strahl 
der Lust und Hoffnung wieder hindurchbrach, stand der kühne und geistige 
Jüngling in voller, männlicher Herrlichkeit wieder vor dir. 
Diese edle Gestalt, dieser geschwinde Mut und geflügelte Geist 
war auch durch innerste Schönheit der Seele geadelt; das Edle, Stolze, 
Hochherzige leuchtete wie ein lieblicher Sonnenschein aus allen seinen 
Bewegungen und Zügen. Man konnte in seinen glücklichen Augenblicken 
ordentlich wie in Freude und Ver— 
ehrung vor dieser erhabenen Erschei⸗ 
nung still stehen und sich still zurufen: 
„Sieh! hier ist einmal ein ganz wohl⸗ 
geborner, harmonischer Mensch!“ Bei 
gewaltigem Ungestüm und bei un— 
endlicher Beweglichkeit die seltenste 
gerrschaft über die Triebe; selbst in 
Unmut und Sorn, worin er sich 
über fremde Niederträchtigkeiten und 
Schleichereien wohl ergießen konnte, 
stand die Gebärde des Mannes unter 
höherer Gewalt, und die Sprache 
behielt den Klang des Helden; sie 
verwirrte und verschob und verblies 
sich nie zu der widerlich schrillenden 
Feinheit oder dumpfen Grobheit der 
Töne, wodurch die Jähzornigen uns 
häufig erschrecken. .. Aber nicht 
nur das Geschwinde, Kühne und 
Geistige, nicht nur die Neigung und 
Achtung des Geistes, wo immer dieser 
ihm begegnen mochte, herrschten in 
ihm, sondern auch alle feineren und 
zarteren Triebe, wodurch das Haus 
und die Gesellschaft geschmückt werden, und wodurch der größte Held als 
Mensch erst die Krone aufgesetzt bekommt, offenbarten sich in anmutigen 
Scherzen und natürlicher Liebenswürdigkeit in ihm. Solches aber läßt 
sich nicht beschreiben. Wer den Vater unter den Kindern, den Freund unter 
den Freunden gesehen hat, weiß, was diese glücklichste Zutat in Gneise— 
nau bedeutet bat. 
Arm und bedrängt war seine Jugend gewesen; nicht reich waren die 
Jahre seines Mannesalters, obgleich er mit seinem Gemahl ein kleines 
Rittergut erheiratet hatte. Nicht lange, und es kam die Not und Bedräng⸗
	        
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