Full text: Fünf Bücher deutscher Lieder und Gedichte

Myrhe. (schubart.) 
Da sprach ich Hohn den Tyrannen; — 
Sprach zu Nero: Du bist ein Bluthund! 
Sprach zu Christiern: Du bist ein Bluthund! 
Sprach zu Mulei Ismael: Bist ein Bluthund! 
Doch die Tyrannen ersannen 
Grausame Qualen und würgten mich nicht. 
Ha! Nicht sterben können! nicht sterben können! 
Nicht ruhen können nach des Leibes Mühen! 
Den Staubleib tragen! Mit seiner Todtenfarbe 
Und seinem Siechthum! Seinem Gräbergeruch! 
Sehen müssen durch Jahrtausende 
Das gähnende Ungeheuer Einerlei! 
Und die geile, hungrige Zeit, 
Immer Kinder gebärend, immer Kinder verschlingend! 
Ha! nicht sterben können! nicht sterben können! — 
Schrecklicher Zürner im Himmel, 
Hast du in deinem Rüsthause 
Noch ein schrecklicher Gericht? 
Ha! so laß es niederdonnern auf mich! 
Mich wälz' ein Wettersturm 
Von Karmels Rücken hinunter, 
Daß ich an seinem Fuße 
Ausgestreckt lieg — 
Und keuch' — und zuckh und sterbe!“ — 
Und Ahasveros sank. Ihm klang's imn Ohr; 
Nacht deckte seine borst gen Augenwimpern. 
Ein Engel trug ihn wieder ins Geklüft. 
„Da schlaf nun, sprach der Engel, Ahasver 
Schlaf süßen Schlaf! Gott zürnt nicht ewig.“ 
Schubart. 
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