Orittes Buch. Lied u. s. w. Lebensernst. (Herder.)
Nenne nicht das Schicksal grausam,
Nenne seinen Schluß nicht Neid:
Sein Gesetz ist ew'ge Wahrheit,
Seine Gute Gbtterklarheit,
Seine Macht Nothwendigkeit.
Berder.
Das Lied vom Bach.
Traurig ein Wandrer saß am Bach,
Sah den fliehenden Wellen nach,
Ein welker Kranz umwand sein Haupt.
„Was blickst du, Wandrer, maltumlaubt,
So traurig nieder?“
Jüngling, den Bach der Zeit hinab
Schau' ich, in das Wellengrab
Des Lebens; hier versant es, goß
Zwo kleine Wogen, da zerfloß
Die dritte Woge.
Jüngling, im großen Zeiten⸗Raum
Schweben wir also! der Schaum
Der Menschenthaten, er zerrinnt
Auf glatter Flaͤche, leiser Wind
Hat ihn verwehet.
Jüngling, ein Menschenleben, schwach
Träufelt's in der Zeiten Bach.
Sie rollt, sie wölbt sich pruchtig um,
Die erste Welle; sieh' wie stumm
Die dritte schweiget!
Trübe zum Wandrer saß ich hin,
Sah die krausen Wellen fliehn,
Sah Tropfen sinken in den Bach,
Die Wogenkreise sanken nach;
Mir flossen Thrͤnen.
19