Full text: Fünf Bücher deutscher Lieder und Gedichte

Orittes Buch. Lied u. s. w. Lebensernst. (Herder.) 
Nenne nicht das Schicksal grausam, 
Nenne seinen Schluß nicht Neid: 
Sein Gesetz ist ew'ge Wahrheit, 
Seine Gute Gbtterklarheit, 
Seine Macht Nothwendigkeit. 
Berder. 
Das Lied vom Bach. 
Traurig ein Wandrer saß am Bach, 
Sah den fliehenden Wellen nach, 
Ein welker Kranz umwand sein Haupt. 
„Was blickst du, Wandrer, maltumlaubt, 
So traurig nieder?“ 
Jüngling, den Bach der Zeit hinab 
Schau' ich, in das Wellengrab 
Des Lebens; hier versant es, goß 
Zwo kleine Wogen, da zerfloß 
Die dritte Woge. 
Jüngling, im großen Zeiten⸗Raum 
Schweben wir also! der Schaum 
Der Menschenthaten, er zerrinnt 
Auf glatter Flaͤche, leiser Wind 
Hat ihn verwehet. 
Jüngling, ein Menschenleben, schwach 
Träufelt's in der Zeiten Bach. 
Sie rollt, sie wölbt sich pruchtig um, 
Die erste Welle; sieh' wie stumm 
Die dritte schweiget! 
Trübe zum Wandrer saß ich hin, 
Sah die krausen Wellen fliehn, 
Sah Tropfen sinken in den Bach, 
Die Wogenkreise sanken nach; 
Mir flossen Thrͤnen. 
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