und Blumenformen abgesetzt. Begeistert rief er seine Nächsten zusammen,
zeigte ihnen dieses Schauspiel, ließ eine brennende Kerze bringen und
drückte mit Feierlichkeit sein Wappen in Siegellack auf den Pfropfen,
damit kein Zufall diese Erscheinung zerstören möge. Napoleons Gips¬
abdruck fiel am Tage der Schlacht bei Leipzig vom Nagel herab; ein
Stück des Randes brach aus, ohne daß gleichwohl das Antlitz des
Helden verletzt wurde. Da, in jener Schranknische hängt der Ver¬
stümmelte noch.
Links an das Arbeitszimmer stößt das Schlafzimmer. Es ist auch
klein und schmucklos. Nur in seinen höheren Jahren sorgte Goethe in
der Art für sich und sein Lager, daß er zwischen dem Bett und den
daranstoßenden Wänden eine wollene Decke an Ringen aufziehen ließ,
um die Kälte der Wand von sich abzuhalten. Außer dieser Vorrichtung
und einem schmalen Teppich vor dem Bette ist auch nichts von Weich¬
lichkeit oder bequemem Wesen hier sichtbar. Das Bett selbst ist niedrig
und schmal, mit einer rotseidenen Decke überlegt; zu Häupten steht der
Lehnstuhl, in dem dieses majestätische Leben ausatmete.
Des Todes rührendes Bild steht
Nicht als Schrecken dem Weisen und nicht als Ende dem Frommen;
Jenen drängt es ins Leben zurück und lehret ihn handeln;
Diesem stärkt es zu künftigem Heil in Trübsal die Hoffnung,
Beiden wird zum Leben der Tod;
diese tiefsinnigen Worte des Dichters standen bei seinem Begräbnisse in
goldenen Buchstaben über dem auseinandergeschlagenen Vorhänge, der
die tiefergriffenen Zuschauer von dem Sarge trennte, in der Halle seines
Hauses. So schwebt Gedanke und Erinnerung überall um diese Räume;
ein jeder, der dies geweihte Haus betritt, wird es in nachdenklicher,
frommer Stimmung verlassen. Hierhin sollte man junge Leute führen,
damit sie den Eindruck eines gesetzten, redlich verwandten Daseins ge¬
winnen. Hier sollte man sie drei Gelübde ablegen lassen, das des
Fleißes, der Wahrhaftigkeit, der Konsequenz. —
Was stehet ihr davor?
Es hat ja Tür und Tor,
Kommt nur getrost herein!
Werdet wohl empfangen sein;
so schrieb Goethe einmal unter eine Abbildung seines stattlichen Hauses.
Der Spruch hat heute wieder seine volle Bedeutung erhalten, seitdem
der Enkel des Dichters, Walter von Goethe (ch 15. April 1885), testamen¬
tarisch das Haus mit allen seinen Schätzen dem Weimarischen Staate
vermacht und dadurch die Möglichkeit gewährt hat, in dem Goethe¬
museum eine öffentliche Anstalt zu schaffen, die der Goetheforschung wie
der Verehrung für den Dichter eine dauernd fördernde Stätte bereitet.
Porger-Lemv, Lesebuch. VIII. 15