fullscreen: Lehr- und Lesebuch für Fortbildungs- und Sonntagsschulen

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die Ähre hat die Ehre. Am Baume ruhen die Wurzeln, die ihm 
Nahrung zuführen müssen, im Verborgenen; Blätter und Blüten 
stehen im Sonnenglanze. 
In einem Hause gibt es Herren und Diener. Gott hat es 
so geordnet und will, daß Knechte und Mägde in Einfältigkeit 
des Herzens ihren Herren dienen. Wer darin eine Ordnung 
Gottes sieht, dem kommt sein Stand nicht verächtlich vor; er 
dient um Gottes willen; Werke aber, in Gott getan, sind 
Ehrenwerke. Knechte und Mägde, welche in solcher Gesinnung 
dienen, können nicht in einem Jahre drei oder vier Herrschaften 
haben; sie laufen wegen saurer Arbeit und wegen eines harten 
Wortes nicht gleich aus dem Dienste. Ein rechter Gesell hat nicht 
alle vier Wochen einen neuen Meister, und ein Lehrling, welcher 
zugleich in der Lehre des rechten Meisters steht, hat nicht schon 
drei oder vier Meister gehabt, ehe er ausgelernt hat. 
Dem rechten Gesinde ist der Herrschaft Ehre seine Ehre, 
der Herrschaft Schande eigene Schande. „Unser Haus,“ sagen 
rechte Knechte und Mägde. Ordentliches Gesinde läuft nicht fort, 
wenn ihm irgendwo ein Taler mehr geboten wird; es zieht nicht 
fort, wenn Gott schwere Tage über die Herrschaft schickt. Es 
spricht. „Haben wir Gutes mitgenossen, wie sollten wir das Böse 
nicht mittragen?“ 
Es mussen viele in der Welt dienen. Aber mancher spricht: 
„Leider ja, ich muß dienen; ich kann einmal nicht anders durch 
die Welt kommen; mein Stand, mein Herkommen bringt es so 
mit sich.· „Muß aber ist ein bitter Kraut und aus bitteren Kräutern 
fließen bitiere Säfte. Das kalte Muß gibt keine Freudigkeit. — 
Viele dienen um des Lohnes willen. Aber wenn das kalte Geld 
das Herz des Dieners regiert, so steht sicher die Untreue vor der 
Tur. Manche sind zufrieden in ihrem Dienste, weil die Herr— 
schaft freundlich ist. Aber Menschenfreundlichkeit ist wie der Mond; 
sie scheint nicht immer. Bald ist sie voll bald halb bald nur ein 
armes Sichelchen, bald ist sie ganz weg. Es dient sich nur leicht 
und freudig, wenn man es tut um Gottes willen. Dann dient 
man einem Herrn, dessen Gnade einen Tag wie den andern 
scheinet auf alle, die ihn lieb haben. 
Treue Diener finden ihren Lohn oft schon bei Menschen 
wie Abrahams Hausvogt. Aber den rechten Lohn gibt ein anderer. 
Er lohnt nicht mit kaltem Gelde, sondern mit seiner Gnade, nicht 
vierteljährig, sondern täglich. Dem treuen Diener gibt er am 
Morgen Kraft zum Schaffen, zum Dulden und Tragen. Während 
der Arbeit rufi er ihm zu: „Fürchte dich nicht, denn ich bin bei 
dire! Am Übend schenkt er ihm Frieden und des Nachts nimmt 
er ihm seinen Kummer vom Herzen. — Wenn dann das Freijahr
	        
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