126 Anthologie mittelalterlicher Gedichte.
Und was in Lüften webt und schwebt.
* Solch Pfründgut schenkt des Grales Kraft
Der ritterlichen Bruderschaft.
Nun hört auch, wie man die erfährt,
Die der Gral zum Dienst begehrt.
Ein Sprüchlein an des Steines Rand
Macht durch Schriftzug die bekannt
Nach Namen und Geschlecht und Art,
Die ausersehn zur sel'gen Fahrt,
Es seien Mägdlein oder Knaben.
Die Schrift braucht niemand abzuschaben:
Sobald der Name gelesen ist,
Verschwindet sie zur selben Frist.
Sie alle kamen dahin als Kind,
Soviel dort als Erwachs'ne sind.
Heil ihr, die solch ein Kind gebar,
Das dienen soll in jener Schar.
Die Armen und die Reichen
Freuen sich ingleichen,
Wenn ihre Kinder der Ruf erkürt,
Der sie in jene Reihen führt.
Man holt sie her aus vielen Landen.
Von allen Sünden und allen Schanden
Behütet bleiben sie hinfort
Und Lohn wird ihnen an anderm Ort:
Scheiden sie aus diesem Leben
Wird ihnen des Himmels Heil gegeben.“
Als Parzival seinem Wirte darauf erzählt, daß sein Vater
Gachmuret geheißen und daß er, noch ein Knabe, einst Ither,
den roten Ritier erschlagen, da weiß Trevrizent, daß er in dem
Gaste seinen Schwestersohn e und bricht in Klagen aus
Weh, lieber Neffe, so hast du deinen Verwandten ermordet! Willst
du vor Gott mit dieser Schuld erscheinen, so mußt du mit
dem eigenen Leben büßen. Parzival erfährt nun, daß er mit
seinem Scheiden dereinst seiner Mutter das Herz gebrochen; die
Verstorbene war die Schwester der Repanse, der Gralsträgerin,
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