Full text: Aus dem Reiche neuster Dichtung

Detlev Freiherr von Liliencron. 
2. Ermattet ruhn der Hirt und seine Schafe, 
die Ente träumt im Binsenkraut, 
die Ringelnatter sonnt in trägem Schlafe 
unregbar ihre Tigerhaut. 
3. Im Zickzack zuckt ein Blitz, und Wasserfluten 
entstürzen gierig dunklem Zelt. 
Es jauchzt der Sturm und peitscht mit seinen Ruten 
erlösend meine Heidewelt. 
4. In Herbstestagen bricht mit starkem Flügel 
der Reiher durch den Nebelduft. 
Wie still es ist! Kaum hör' ich um den Hügel 
noch einen Laut in weiter Luft. 
5. Auf eines Birkenstämmchens schwanker Krone 
ruht sich ein Wanderfalke aus, 
doch schläft er nicht, von seinem leichten Throne 
äugt er durchdringend scharf hinaus. 
6. Der alte Bauer mit verhaltnem Schritte 
schleicht neben seinem Wagen Torf. 
Und holpernd, stolpernd schleppt mit lahmem Tritte 
der alte Schimmel ihn ins Dorf. 
7. Die Sonne leiht dem Schnee das Prachtgeschmeide; 
doch ach! wie kurz ist Schein und Licht! 
Ein Nebel tropft, und traurig zieht im Leide 
die Landschaft ihren Schleier dicht. 
8. Ein Häslein nur fühlt noch des Lebens Wärme, 
am Weidenstumpfe hockt es bang; 
doch kreischen hungrig schon die Rabenschwärme, 
zu hacken auf den sichern Fang. 
9. Bis auf den schwarzen Schlammgrund sind gefroren 
die Wasserlöcher und der See. 
Zuweilen geht ein Wimmern, wie verloren, 
dann stirbt im toten Wald ein Reh. 
10. Tiefeinsamkeit, es schlingt um deine Pforte 
die Erika das rote Band. 
Von Menschen leer, was braucht es noch der Worte, 
sei mir gegrüßt, du stilles Land! 
Putzger-Gäbler-Rasche, Ergänzungsheft.
	        
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