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In einzelnen Fällen, in denen es sich teils um polizeiliche, teils
um weitergehende Gesetzesvorschriften handelt, z. B. bei dem
Polizeistrafgesetzbuch, dem Zwangserziehungsgefetz u. a. m., hat
man die Formel gewählt: „nach angehörtem Rate und Gutachten
der Landesversammlung und, soweit erforderlich, mit deren
Zustimmung“. Im Gegensatz zu den Gesetzen erwähnt die Ver—
fassung Verordnungen, d. h. solche landesfuüͤrstliche Verfügungen,
die aus dem allgemeinen Verwaltungs- und Oberaufsichtsrechte
der Regierung entspringen, oder die sich mit der Ausführung und
Handhabung der bestehenden Gesetze beschäftigen. Die Landes—
regierung ist zu ihrem Erlaß ohne die Mitwirkung der Landes—
versammlung oder des Landtagsausschusses befugt. Die Bekannt—
gabe des Erlasses ist aber dieselbe wie bei den Gesetzen: sie sind
gleichfalls durch die Gesetz- und Verordnungssammlung zu ver—
kündigen. Selbstverständlich fällt dabei jede Bezugnahme auf die
Volksvertretung fort.
In anderen Staaten spielen daneben Verordnungen im
Verwaltungswege (urch die Ministerien, die höheren Ver—
waltungsbehörden usw.) eine wichtige Rolle. Für das Herzogtum
sind sie ausgeschaltet, es kann jedoch in Landesgesetzen ausdrücklich
ein Recht des Staatsministeriums, die zu einem Gesetze nötigen
Ausführungsvorschriften und -anweisungen zu erlassen, festgestellt
werden. Ebenso liefert das Reichsrecht (z. B. an zahlreichen
Stellen die Reichsgewerbeordnung) hierfür die Grundlage. Vas
Staatsministerium pflegt dann im Wege einer Bekanntmachung,
die die Unterschrift eines ihrer Mitglieder trägt und in der Geseß—
und Verordnungssammlung erscheint, die Ermächtigung zu be—
nutzen.
Mit Verordnungen und Bekanntmachungen dieser Art sind
nicht zu verwechseln die auf bestimmte Gebiete (Stadt- oder
Landgemeinden, Kreise oder Teile von solchen) beschränkten sta—
tutarischen Vorschriften und polizeilichen Ordnungen.
Die alte Rechtsregel, daß eine rechtliche Bindung auf dieselbe
Weise, wie sie zustande komme, auch gelöst werden muß, behält
im allgemeinen für die Gesetze und Verordnungen ihre Geltung.
Es versteht sich von selbst, daß jede Vorschrift, die zu ihrer Ent—
stehung ein geringeres Maß der Mitwirkung gesetzgebender Kräfte
gebraucht hat, dürch Bestimmungen außer Kraft gesetzt werden
kann, bei denen in stärkerem Umfänge neben der Landesregierung
die Volksvertretung zu Worte gekommen ist; der umgekehrte Vor—
gang würde einen Verstoß gegen die Verfassung bedeuten.
Beispielsweise kann eine Bekanntmachung des Staats—
ministeriums durch landesfürstliche Verordnung oder durch Gesetz
in Wegfall gebracht werden. Ein nach Anhörung von Rat und
Gutachten des Landtages oder seines Ausschusses erlassenes Gesetz
unterliegt der Beseitigung durch ein neues, mit Zustimmung der
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