25. Da bricht die Menge tobend aus,
gewalt'ger Sturm bewegt das Haus,
um Gnade flehen alle Brüder;
doch schweigend blickt der Jüngling nieder,
still legt er von sich das Gewand
und küßt des Meisters strenge Hand —
und geht. Der folgt ihm mit dem Blicke;
dann ruft er liebend ihn zurücke
und spricht: Umarme mich, mein Sohn!
Dir ist der härtre Kampf gelungen.
Nimm dieses Kreuzl Es ist der Lohn
der Demut, die sich selbst bezwungen.“
Fr. v. Schiller (1798).
75. Der gerettete Jüngling.
Eine schöne Menschenseele finden
ist Gewinn; ein schönerer Gewinn ist
sie erhalten, und der schönst' und schwerste,
sie, die schon verloren war, zu retlen.
Sankt Johannes, aus dem öden Patmos
wiederkehrend, war, was er gewesen,
seiner Herden Hirt. Er ordnet' ihnen
Wüchter, auf ihr Innerstes aufmerksam.
In der Menge sah er einen schönen
10 Jüngling; fröhliche Gesundheit glünzte
vom Gesicht ihm, und aus seinen Augen
sprach die liebevollste Feuerseele
„Diesen Jüngling,“ sprach er zu dem Bischof,
„nimm in deine Hut! Mit deiner Treue
15 stehst du mir für ihn! Hierüber zeuge
mir und dir vor Christo die Gemeine“
Und der Bischof nahm den Jüngling zu sich,
unterwies ihn, sah die schönsten Fruͤchte
in ihm blühn, und weil er ihm bertraute,
20 ließ er nach von seiner strengen Aussicht.
Und die Freiheit war ein Netz des Jünglings;
angelockt von süßen Schmeicheleien,
ward er müßig, kostete die Wollust,
dann den Reiz des fröhlichen Betruges,
25 dann der Herrschaft Reiz; er sammelt' um sich
seine Spielgesellen, und mit ihnen
zog er in den Wald, ein Haupt der Räuber.
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