77. Bei dem Grabe meines Vaters.
Friede sei um diesen Grabstein her!
snfter Friede Goltes! Ach, sie haben
einen guten Mann begraben,
und mir war er mehr!
Träufte mir von Segen dieser Mann,
Die ein milder Steru aus bessern Welten!
Und ich kann's ihm nicht vergelten,
was er mir getan.
Er entschlief; sie gruben ihn hier ein.
Leiser, süßer Trost, von Gott gegeben,
Und ein Ähnen von dem ew'gen Leben
düft' um sein Gebein!
Bis ihn Jesus Christus, groß und hehr,
freundlich wird erwecken! — Ach, sie haben
einen guten Mann begraben, —
und mir war er mehr.
M. Claudius (1773)
78. Die Einladung.
Ein frommer Landmann in der Kirche saß;
den Text der Pfarrer aus Johanne las
Im Oslermontag, wie der Heiland rief
hom Ufer: Kindlein, habt ihr nichts zu essen ?
Das drang dem Landmann in die Seele tief,
daß er in stiller Wehmut da gesessen.
Drauf betet exr: „Mein liebster Jesu Christ!
so fragest du? O, wenn du hungrig bist,
so sei am nächsten Sonntag doch mein Gast
10 und halt' an meinem armen Tische Rast!
Ich bin ja wohl nur ein geringer Mann,
der nicht viel Gutes dir bereiten kann;
doch deine Huld, die dich zu Sündern trieb,
immn auch an meinem Tische wohl fürlieb ⸗ —
15 Er wandelt heim und spricht sein herzlich Wort
an jedem Tag die ganze Woche fort.
Am Samstagmorgen läßt's ihn nimmer ruhn:
Frau,“ hebt er an, nimm aus dein bestes Huhn,
bcen es fräftig, fege Flur und Haus,
20 flell in die Stub' auch einen schönen Strauß!