Full text: [Band 2, [Schülerband]] (Band 2, [Schülerband])

88 Conrad Ferdinand Meyer. 
stunden im Zusammenhange gezeigt, eine der andern 
folgend mit verstohlenen Schritien und verhülltem Haupte. 
Seltsamerweise gewann diese Vorstellung trotz seines Gott⸗ 
vertrauens plötzlich Gewalt über ihn. Jetzt fühlte der 
s christliche König, daß die Atmosphäre des Aberglaubens, 
welche den Friedländer umgab, ihn anzustecken beginne. 
Er tat wieder einen Schritt gegen den Äusgang. 
„Die Majestät,“ endete der Friedländer fast gemütlich 
seinen Besuch, „sollte sich wenigstens ihrem Kinde en 
10 halten. Die Prinzeß lernt brav, wie ich höre, und ist 
der Majestät an das Herz gewachsen. Wenn man keine 
Söhne hat! Ich bin auch solch ein Mãdchenpapa!⸗ 
Damit empfahl sich der Herzog. 
Noch sah der Page, welchem das belauschte Gespräch 
1ß wie ein Gespenst die Haare zu Berge getrieben hatte, 
daß Gustav sich in seinen Sessel warf und mit dem 
Handschuh spielte. Er entfernte das Auge von der Spalte, 
und in die Kammer zurückwankend, waͤrf er sich neben 
dem Lager nieder, den Himmel um die Bewahrung seines 
20 Helden anflehend, dem seine bloße Gegenwart — wie der 
Friedländer meinte und er selbst nun zu glauben begann 
— ein geheimnisvolles Unheil bereiten lonnte. „Was 
es mich kosle,“ gelobte sich der Verzweifelnde, „ich will 
mich von ihm losreißen, ihn von mir befreien, damit ihn 
26 meine unheimliche Nähe nicht verderbe.“ 
Da er ungerufen blieb, schlich er sich erst wieder zum 
Könige in jener Freistunde, welche dann zu ihrer größern 
Hälfte in gleichgültigem Gespräche verfloß; wenn nicht, 
daß der König einmal hinwarf: „Wo hast du dich heute 
s80 gegen Mittag umgetrieben, Leubelfing Ich rief dich 
und du fehltest.“ Der Page antwortele dann der Wahr⸗ 
heit gemäß, er habe mit dem Bedürfnis, nach den er— 
schütternden Scenen des Morgens freie Luft zu schöpfen, 
sich auf das Roß geworfen und es in der Richtung des 
z5 wallensteinischen Lagers fast bis in die Tragweile seiner
	        
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