90 Conrad Ferdinand Meher
heit der geballten fürstlichen Faust bemerkt zu haben?
Gewiß, der Lauenburger sann Rache, sann Mord gegen
das geliebte Haupt. Und in dieser Stunde unheimlicher
Verfolgung und Beschleichung seines Kbnigs hatte sich
s Leubelfing aus der Nähe des Bedrohten verbannt. Eine
unendliche Sorge für das Liebste, was er besessen, preßte
ihm das Herz zusammen und löste sich bei dem Gedanken,
daß er es nicht mehr besitze, in ein beklommenes
Schluchzen und dann in unbändig stürzende Tränen.
10 Eine schwedische Wacht, ein Musketier mit schon ergreistem
Knebelbarte, der den schlanken Reiter weinen sah, verzog
den Mund zu einer lustigen Grimasse, fragte dann aber
gutmütig: „Sinnt der junge Herr nach Hause?“ Leubel—
fing nahm sich zusammen und langsam weiterreitend,
15 entschloß er sich mit jener Keckheit, die ihm die Natur
gegeben und das Schlachtfeld verdoppelt halte, nicht aus
dem Lager zu weichen. „Der König wird es abbrechen,“
sagte er sich, „ich komme in einem Regiment unter und
bleibe während der Märsche und Ermüdungen unbekannt!
20 Dann die Schlacht!“
Jetzt gewahrte er einen Oberst, welcher die Lager—
straßen wachsam abritt. Das Licht des Mondes war so
kräftig, daß man einen Brief dabei hätte entziffern können.
So erkannte er auf den ersten Blick einen Freund seines
»z Vaters, denselben, welcher dem Hauptmann Leubelfing in
dem für ihn tödlichen Duell sekundiert hatte. Er irieb
seinen Fuchs zu der Linken des Schweden. Der Oberst,
der in der letzten Zeit meist auf Vorposten gelegen, be—
trachtete den jungen Reiter aufmerksam. „Entweder ich
30 irre mich,“ begann er dann, „oder ich habe Euer Gnaden,
wenn auch auf einige Entfernung, als Pagen neben dem
Kbnige reiten sehen? Wahrlich, jetzt erkenne ich Euch
wieder, ob Ihr auch etwas mondenblaß und schwermütig
ausschaut.“ Dann, plötzlich von einer Erinnerung über—
zs rascht: „Seid Ihr ein Nüremberger,“ fuhr er fort, „und