126 Fritz Lienhard.
sie kämpfen mochten. Denn nicht für seine Scholle
bloß kämpft ein Volk: für seine Götter kämpft ein
Volk. Für seine Weltanschauung, für seine ganze äußere
und innere Welt kämpft ein Volk. Niemals hätte
s des Franken Schwert das Sachsentum zerrüttet, wäre
ihm nicht der stärkere Bundesgenosse zur Seite gezogen:
die Gedankenmacht des Christentums. Sie machte das
unbeholfene Sachsenvolk an seiner eigenen Welt irre,
kränkelte sie an mit des Zweifels Blässe und entwand
10 ihnen mit lächelnder Überlegenheit die Streitaxt. „Wenn
alle unsre Götter nichts sind, wenn das da erst, was
die Franken an goldenen Kreuzen tragen, der oberste
Gott ist — wozu dann unser Kampf? Wider den obersten
Gott zu streiten, ist nicht gut.“ Noch gingen, wie ein
16 mehrmaliges Aufzucken der Liebe zu Göttern und Heimat,
die mehrfachen Kriege über das Sachsenland. Aber zu
einer vollen Entfaltung innersten Willens fehlte die
Kraft. Müde, mit herbstlicher Gleichgültigkeit ließen sie
endlich die Kreuze siegen. „Es ist alles nichts! Was
20 du glaubst und liebst, wird dir morgen als Lüge tot—
bewiesen. Glaube nichts, liebe nichts, kämpfe um
nichts!“ Eine Verzweiflung an allem! Sachsenland
war reif für das Christentum.
Widukind lehnte schweigend an seiner Eiche Und in
26 unsäglichem Weh zog dieser Schmerz seines Volkes durch
sein eigen Herz. Nicht mehr Trauer war es über das
Elend seines Landes, nicht mehr Haß gegen Karl und
noch nicht Liebe zum Christentum: — ein viel tieferes
Leid zog vor jener freiwilligen Unterwerfung durch die
30 Seele des Sachsenherzogs: dumpfe Gleichgültigkeit
gegen Welt und Himmel.