Full text: Lesebuch für den Unterricht in der Litteraturkunde zu dem Hülfsbuch von Bauer

10 Daß, lebet Mitleid in Euch treulich, Und fragt: „Oheim, was quälet 35 
Es innig tief Euch muß beschweren. Dich?“ 
Lebt Ihr im Vollgenuß der Ehren, Und der den Stier so gnädiglich 
So fleht bei Rittern hier und Frauen, Für Sanet Silvestern von dem Tod 
Daß endend meines Leidens Grauen Aufrief, und ihn auf sein Gebot 
15 Man endlich mir zu sterben gönnt. Lebendig ließ von dannen gehn; 
O, wenn Ihr Parcival Euch nennt, Der Lazarum hieß auferstehn: 40 
So wirkt dahin, daß ich den Gral Der half Amfortas' auch zur Stund, 
In sieben Nächten und acht Tagen Daß er genas und ward gesund. 
Nicht sehen darf ein einzig mal. Sein Antlitz strahlt' in Glanz wie nie 
20 Dann enden alle meine Klagen. — Französisch nennt man es FHleurie 
Mehr darf ich nicht verraten. O, Daß Parcivals Lichtglanz nur ein Wind 45 
Heil Euch, dankt Euch man Hülfe sol-M Dagegen; und Absalon, Davids Kind, 
Fremd muß ich euern Freund hier sehen; Und Vergulat von Askalon, 
Nicht laß ich gern vor mir ihn stehen. Wem nur als Stammeserbteil schon 
25 Was sorgt für seine Ruh' Ihr nicht?“ Der Schönheit Segen sich erwies, 
Drauf Parcival mit Thränen spricht: Wie man an Gahmuret sie pries, 50 
„Sagt an, Herr, wo der Gral nun sei? Als er, der Frauen Wonnepreis, 
Steht jetzt mir GottesGnade bei, Den Einzug hielt in Kanvoleis — 
Wird's euer Volk wohl innen werden.“ All deren Schönheit doch erblich, 
30 Und dreimal wirft er sich zur Als jetzt Amfortas wieder sich 
Erden, Gesund erhob, dem Leid entrafft. 55 
Betend zur Dreifaltigkeit, Noch wirkt gewaltig Gottes Kraft! 
Heiß flehend, daß sie voll Erbarmen Nicht mehr bedurft's nun einer Wahl, 
Vom Schmerz erlöse diesen Armen. Nachdem die Schrift am heil'gen Gral 
Dann richtet er sich auf bereit Zum Herren Parcivaln ernannt. 
So ward sogleich er anerkannt. v 
9. Walther von der Vogelweide. 
l. Wahlstreit. 
Ich saß auf einem Steine Das oft einander Schaden thut, 
Da deckt' ich Bein mit Beine Das dritte Gottes Segen, 
Darauf der Ellenbogen stand; An dem ist mehr gelegen: 
Es schmiegte sich in meine Hand Die hätt' ich gern in einen Schrein. 
Das Kinn und eine Wange. Ja leider mag es nimmer sein, 
Da dacht' ich sorglich lange Daß Gottes Gnade kehre 
Dem Weltlauf nach u. irdschemHeil; Mit Reichtum und mit Ehre 
Doch wurde mir kein Rat zuteil, Je wieder in dasselbe Herz. 
Wie man drei Ding erwürbe, Sie finden Hemmung allerwärts: 
Daß nichts daran verdürbe. Untreu hält Hof und Leute, 
Die zwei sind Ehr' und zeitlich Gut, Gewalt fährt aus auf Beute, 
n
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.