Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

Festrede bei der Einweihung des Domes zu Köln. 39 
wir auf diesen Bau die Worte anwenden: „Mit Herrlichkeit 
will ich dies Haus erfüllen, und die Herrlichkeit dieses 
zweiten Hauses wird größer sein als die des ersten.“ 
Und was wir gebaut, das haben wir heute nach der 
Kirche uralten Gebräuchen mit Gebet und Segenssprüchen — 
eingewelht dem Herrn zum heiligen Dienst; denn was wir 
gebaut, ist eine Wohnung des Herrn, eine Stätte des Friedens. 
Wir haben diesen Bau geweiht am sechsten Säkulartage, 
die Vergangenheit und Gegenwart zusammenfassend in be— 
deutungsvoller Doppelfeier. 10 
Sechshundert Jahre waren am gestrigen Tage vorüber⸗ 
gegangen, seitdem der Erzbischof Konrad von Hochstätten 
den eisten Stein zu diesem mächtigen Baue gelegt. Sechs⸗ 
hundert Jahre! Eine lange Zeit! Und was ist nicht alles 
in dieser Zeit an dem altehrwürdigen Gotteshause vorüber- 15 
gegangen? Das Haupt, das de frommen Riesengedanken 
dieses Baues zuerst gedacht, legte sich im ewigen Schlummer, 
beven es seinem Auge gegönnt war, ihn verkörpert vor sich 
zu en. Die Hünde, welche, den Gedanken des Meisters 
an sdend, zu dessen Ausführung den Meißel geführt und 20 
den Hammer geschwungen, sind erstarrt. Alles ging vorüber 
un Natur und unter den Menschen, flüchtig wie Wind und 
Wo e, vergänglich, sterblich, und auch die schaffenden Hände 
sind lͤngst in Staub und Asche verfallen. Aber eines blieb 
mverunderlich, der Gottesglaube, der den Geist mit dem Ge- 25 
danken eines folchen Baues erfüllte. Eines blieb unsterblich, 
der Geist, der den Gedanken zu diesem Werke geboren, und 
eines unvergänglich, der Gedanke, der den Meißel führte und 
den Hammer schwang zu seiner Verkörperung. Und ist es 
nicht wunderbar, wie dieser Gottesglaube und der von ihm 30 
gezeugte Gedanke unablässig lebte, waltete und schuf? Wenn 
dem einen todesmüden Arme der gestaltende Hammer ent— 
fiel, so legt er den entfallenen in eine andere, mit frischer 
Lebenskraft pulsierende Hand zur Weiterförderung des 
großen Werkes. Und wenn er auch zuletzt, als das Vater- 35 
land in argen Hader sich spaltete, und der letzte Meister
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.