Full text: Vaterländisches (1, [Schülerband])

Gegenstand gepflogen worden, endlich im Juli 1700 faßte die große Konferenz 
der kalserlichen Minister den Beschluß, daß dem Wunsche des Kurfürsten gewillfahrt 
werden könne, und am 16. November desselben Jahres ward der diesbezügliche 
Vertrag unterzeichnet. Brandenburgischerseits trug man nur Sorge, kein Wort 
infließen zu lassen, das mehr als eine Beistimmung und Einwilligung des Kaisers 
angedeutet hätte. Die Befugnis, sich die Krone aufzusetzen, leitete der Kurfürst 
nur von seiner eigenen Macht her. Er würde jedoch von andern Seiten noch gar 
manchen unangenehmen Widerspruch erfahren haben, wäre ihm nicht zu statten 
gekommen, was indes in Spanien und in Frankreich geschah. 
Das Testament des 1700 verstorbenen letzten Habsburgers in Spanien 
lautete ganz zu Gunsten des Königs von Frankreich, dessen Enkel darin zum 
Erben der gesamten Monarchie eingesetzt war. Hierauf ließ Ludwig XIV. den 
Teilungsvertrag fallen, der vor kurzem gerade auf seinen Betrieb getroffen worden, 
Und nahm um des größeren Vorteils willen die Erbschaft für seinen Enkel an. 
Notwendig erweckte dies wieder alle Abneigungen, die sich jemals gegen Frank— 
reich geregt; England und Holland traten zurück, auf die Seite von Osterreich. 
Jeht schwiegen die Einwendungen, welche diese beiden Mächte bisher gegen die 
deue Klone erhoben; sie sahen in der Erhebung von Brandenburg ein gemein— 
schaftliches Interesse. Auch mit dem Könige von Polen war Friedrich im Ein— 
bernehmen, und er konnte in Übereinstimmung mit allen alten Verbündeten zu dem 
prächtigen Königsthrone schreiten, nach welchem sein Herz Verlangen trug. 
Hier soll keine Schilderung der Zeremonien des 18. Januar 1701 gegeben 
werden; sie haben für unser Gefühl etwas Fremdartiges, doch ist das Selbst⸗ 
ergreifen der Krone von besonderer Bedeutung. Daß die Salbung nicht vorangeht, 
sondern nachfolgt, drückt eine Unabhängigkeit der weltlichen Macht von der geist— 
lichen aus, wie sie vielleicht bei keiner andern Krönung, weder früher noch später, 
hexvorgetreten ist. Der Propst zu Berlin legte dar, daß die Regierung eines 
Konigs zur Ehre Gottes und zum Besten der Unterthanen geführt werden müsse. 
Er bezeichnet als das vornehmste Prinzip, daß Regenten wissen sollen, daß sie 
Um der Unterthanen, nicht die Unterthanen um ihretwillen in der Welt sind. 
Er ermahnt zum Gebet, daß Gott diesen Grundsatz allen Regenten tief ins Herz 
drücken möge. 
Auch die Stiftung des schwarzen Adlerordens, welche der Krönung unmittel⸗ 
bar voranging, hat eine Beziehung auf die Pflichten des Königtums. Das „Suum 
cuique« in den Insignien desselben bezieht sich, wie Lamberty versichert, der es 
selber angegeben hat, auf die Definition einer guten Regierung, in der den Guten 
sowohl wie den Böfen nach ihrem Verdienste geschehen soll; Lorbeer und Blitz 
bedeuten Belohnung und Strafe. Der Gedanke wenigstens ist echt königlich. 
Obgleich die neue Würde nur auf Preußen gegründet war, so umfaßte doch 
Titel und Raͤng alle Provinzen. Die dem deutschen Reich angehörigen wurden 
aus der Reihe der andern deutschen Länder gleichsam hervorgehoben und zu einer 
besonderen Einheit zusammengefaßt, wie sorgfältig man auch sonst noch das Ver⸗ 
hältnis zum Reich aufrecht erhielt. Insofern war die Erwerbung der königlichen 
Würde für den Fortgang der preußischen Dinge ein wesentliches und selbst not— 
wendiges Moment, das aus dem Zusammenhange der Ereignisse nicht wegzudenken 
pate. Mit dem Namen Preußen durchdrang sich der Begriff von Kriegsmacht, 
und diese Kriegsmacht erwarb in der Folge durch herrliche Thaten stetig wachsenden 
Ruhm. 
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