Aus Gogols „Der Revisor“. 153
Bürgermeister. Nun, das ist noch nichts — aber das ver—
luchte Inkognito! Plötzlich blickt er herein: „Ach, seid ihr hier
dersammelt, meine Täubchen“? „Wer,“ sagter, „ist hier Rich—
ter⸗ Slapkin Tiapkin! Hierher, Liapkin⸗-Tiapkin!“ —
„Wer ist hier Vorsteher des Krankenhauses?“ — „Semlanika!“
T„Hierher, Semlanika!“ — O, das sind schlimme Aussichten!
Zweiter Aufzug. Erster Auftritt.
Ueines Zimmer im Gasthof. Ein Bett, ein Tisch, ein Koffer, eine
leere Flasche, Stiefel, eine Kleiderbürste u. dgl.
Joseph (liegt auf dem Bett seines Herrn). Teufel auch,
habẽ ich Hunger, und in meinem Magen ist ein Aufruht,
lß wenn ein ganzes Regiment alarmiert würde! Wir können
licht nach Hause kommen! Was tun? Es ist bereits der
weite Monat, seitdem wir von Petersburg fort sind. Das
Würschchen hat sein Geld unterwegs verpraßt, jetzt sitzt es
sons still und wird nicht laut. Es würde, ja es würde vortreff⸗
zu den Reisekosten gelangt haben, aber nein, da muß man
urchaus in jeder Stadt renommieren! (Er ahmt seinem Herrn
u „He, Joseph, wähle das beste Zimmer, bestelle das aller—
este Mutagsbrot, ich kann kein schlechtes Mittagsbrot essen, ich
muß ein gůtes Mittagsbrot haben.“ Wenn er wirklich eine
bochge stellie Persönlichkeit wäre — aber er ist ja nur ein
Nolle gienregistrator! Mit jedem Vorüberfahrenden muß er
eine Bekanntschaft anknüpfen und Karten spielen — und
un ist er am Ziel! Ach, ich bin dieses Lebens überdrüssig!
Virküch, auf dem Lande ist es besser: zwar gibt es dort nicht
bo viel Äbwechselung, aber auch weniger Sorgen — man kann
mmer auf der Bärenhaut liegen und essen. Niemand wird
wenn er der Wahrheit die Ehre geben will, bestreiten,
aß das Leben in Petersburg alles übertrifft. Wenn nur
Geld da ist, so geht es hochfein und interessant zu: Theater,
dundetangen, alles, was man will. Jedermann spricht auf
sehr zarte, feine Art, man wird vielleicht nur von den Adligen
übertroffen geht man auf den Markt, so rufen einen die
Naufleute „Geehrter Herr“ an. Im Kaͤhn beun UÜberfahren
über die Newa sitzt man neben einem Beamten; will man
Gesellschaft haben, so geht man in einen Laden, der Inhaber
krzählt bom Lager und erklärt, was jeder Stern am Himmel
bedelet, und man sieht alles deutlich vor sich wie auf der
band. Teufel auch! Man hoͤrt nicht ein unhöfliches Wort;
seder sagt „Sie“. Hat man keine Lust, zu Fuß zu gehen,
nimmt man eine Droschke und sitzt darin wie ein vornehmer
derr; und will man den Kutscher nicht bezahlen, sieh, da gibt
es in jedem Haus einen Durchgang, darin kann man so fein