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chenjahres, und schließt erst mit dem Eintritte der Trinita¬
tiszeit. In dieser Feftzeit der Kirche sind eS drei verschie¬
dene Festkreise, um welche sich die höher gestimmte An¬
dacht der Gläubigen sammelt.
Zuerst der WeihnachtSkreiS, dessen Mittelpunkt
das Weihnachtsfest bildet, welches von einer Vorfeier und
Nachfeier umschlossen ist. DaS Weihnachtsfest, welches
wir alle Mal am Lösten December feiern, ist erst etwa feit
dem vierten Jahrhunderte n. Chr. G. im Gebrauch; jetzt aber
wird eS von All und Jung desto fröhlicher begrüßt, wenn
es mit seiner Freudenbotschaft, daß aller Welt der Heiland
geboren ist, erscheint, und eS ist namentlich euch Kindern
kein Fest so herrlich, als dieß, weil der heilige Christ euch
so schöne Geschenke mitbringt; ich möchte aber doch, daß ihr
euch noch mehr über daS Kind in der Krippe freuetet, als
über jene Geschenke, denn die können euch nicht selig machen,
aber daS Kind kann eS, und wenn ihr ihm euer Herz öff¬
netet und nähmet es da auf, so würdet ihr bald finden,
daß eS noch bessere Geschenke hat und bringt, als die schön¬
sten Weihnachtsbäume mit den hellen Lichtern, Aepfeln und
Nüssen und dem bunten Spielwerk, das doch Alles nur eitel
und vergänglich Ding ist. Damit aber weder ihr, noch ir¬
gend ein Mensch dem Jesuskinde das Herz verschließe, so
gehen dem Weihnachtsfeste die 4 Adventssonntage vor¬
her, denn sie sollen euch und alle Menschen mahnen, dem
kommenden Heilande die Seele zu öffnen. Advent heißt
nämlich deutsch Ankunft; und in der Adventszeit wird von
nichts Anderm, als dem Kommen des'Herrn Jesu gepre¬
digt. Durch die vier Adventssonntage, mit deren erstem der
Anfang des Kirchenjahres zusammen fällt, werden die vier
Jahrtausende abgebildet, welche auf die Ankunft des schon
den ersten Menschen verheißenen Heilandes gewartet haben.
Ganz in der Art, wie diese, brauchen wir im Advent nun
freilich nicht mehr auf den Heiland zu warten, denn längst
ist er in der Welt erschienen; aber in Aller Herzen hat er
doch noch nicht kommen können; darum sollen wir jenes
frühern sehnsuchtsvollen Wartens der Menschen in der Ad-
ventSzeit recht fleißig gedenken, damit wir desto begieriger
nach Dem verlangen, welchen viele Könige und Propheten
wollten sehen und haben ihn nicht gesehen, und weil er uns
nun so nahe gekommen ist, daß er vor unserer Herzen Thür
steht, dieselbe ihm weit aufthun, daß da einziehe der König
der Ehren und darin ewiglich wohne. Die biblischen Texte
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