Full text: Deutsches Lesebuch für Volks- und Bürgerschulen

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„Wo Gott nicht gibt zum Haus sein' Gunst, 
Da ist doch unser Bau'n umsunst." 
Oder: 
„Wir bauen hier so feste 
Und sind doch fremde Gäste; 
Wo wir sollen ewig sein, 
Bauen wir so wenig ein." 
Ein Dritter setzte einfach den Spruch über seine Tür: „Der 
Herr segne unsern Eingang und Ausgang." Ich kann mich des 
Gedankens nicht entschlagen, daß in den hundert Jahren, seit 
eine solche Inschrift etwa steht, nicht wenigstens ein Mann aus- 
oder eingegangen sei mit einer Spitzbüberei im Sinne, die er 
beim zufälligen Blick auf diesen Spruch habe bleiben lassen. 
Das beliebteste Thema weltlicher Verse an den Bauern¬ 
häusern gilt dem Widerspruch gegen unbefugte Urteile über den 
Hausbau: 
„Was stehet ihr für diesem Hans 
Und laßt die bösen Mäuler aus? 
Ich hab' gebaut, wie's mir gefällt, 
Mich hat's gekost mein gut Stück Geld." 
Oder: 
„Wer da bauet an Markt und Straßen, 
Muß Neider und Narren reden lassen." 
Sehr häufig ist er aber auch zu einem allgemeinen Sitten¬ 
spruch erweitert, der das stolze Selbstgefühl des Bauherrn und 
seine Gleichgültigkeit gegen fremdes Urteil überhaupt ausspricht. 
Hierher gehört der schöne plattdeutsche Hausspruch: 
„Wat frag ick na de Lü! 
Gott helpet im!" 
Als Seitenstück dazu mag folgender oberdeutscher Spruch 
dienen, den ich im Elsaß an einer einsamen Mühle fand: 
„Tu Recht! steh fest! kehr dich nicht dran, 
Wenn dich auch tadelt manch ein Mann: 
Der muß noch kommen auf die Welt, 
Der tut, was jedem Narr'n gefällt." 
In manchen Gegenden dehnt sich diese Spruchpvesie auch 
auf die Nebengebäude des Hauses aus; namentlich sind mitunter
	        
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