Full text: Deutsches Lesebuch für Volks- und Bürgerschulen

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59. Luther, ein rechter Vater. 
Luther hatte seine Kinder herzlich lieb. Als er einmal sehr 
krank wat, brachte ihm die Muhme sein kleines erstgebornes Söhnchen, 
sein Hänschen, ans Krankenbett. Das Kind lächelte den kranken 
Bater an und streckte die kleinen Arme nach ihm aus. Da wurde 
der Valer traurig aber doch auch fröhlich in seinem Geiste, segnete 
das Kindlein und sprach: „Gehe hin und sei fromm! Geld will ich 
dir nicht lassen, aber einen reichen Gott, der dich nicht verlassen wird. 
Sei nur fromm. Dazu helfe dir Gott, amen.“ 
Quher war aber auch ein strenger Vater und erzog seine Kinder 
in der Zucht des Herrn. Sein zwölffähriger Sohn hatte ein Unrecht 
begangen. Da ließ ihn der Vater drei Tage nicht vor sich bis er 
sich demuütigte und Abbitte that. Als die Mutter und einige Haus— 
freunde fuͤr den Knaben baten, sprach Luther Ich wollt lieber einen 
oten denn einen ungeratenen Sohn haben.“ Nach Matthesius 
60. Das Vogelnest. 
In meines Nachbars Garten hatte eine Grasmücke ihr Nest 
gleich am Fingang rechter Hand in einem Stachelbeerbusche 
Der Nachbar und seine Erau hatten ihbre Ereude darüber; 
denn hie schutzten alles in ihrem Gehbege gern, und wo keine 
Nachtigallen gind, gilt die Grasmücke Nummer eins. Nur 
hatten beide Sorge vegen der Kinder, daß die das Nest nieht 
örten. Der Valer sagte: „Laß nur unsern Jungen und die 
Mideben das Nest nieht gewvahr werden.“ Die NMutter aber 
Ratte eine andere Ansicht von der Sache. „Unserm Jungen 
und den Mädchen vollen vwir das Nest lieber selber zeigen“ 
gprach hie; „denn sie sinden es am Ende doch, und dann ists 
ehbr in Gefahr.« Uond die Mautter hbatte recht vwie alle guten 
Mütter. Das Nest also kannten die Kinder von den Liern 
an. er zie wubten aueh, was ibnen die Mutter am Neste 
gevagt hatte. „Mollt ihr ein Vogelnest seben?“ „Ja, a 
alen Me gerufen. Nan traten sie um den Buseh und saben 
iebs ordentflich an. Der Vogel war gefloben und sabh ängst- 
lich aus dem Zaune. „Kommt,“ rief die Mutter nach einer 
Wele, „sonst verden die Eier kalt. Und wenn ihr vieder 
hingebt, so seht den Vogel niebt so scharf an; der Neine 
Sleln ürebtet sieh vor euren groben Augen.“ So vwurden 
die Eier geschont und erbalten. 
Als dun die Jungen ausgekrochen waren und darinnen 
lagen so nackt und klein und zo hungrig die gelben Schnäbel 
aufsperrten, da standen die Kinder wieder dort und die Mutter 
wit und sagte: „So arme kleine Dinger varet ihr auech, und 
Jo oin Nest baben vir euch auch gebaut und haben euch 
Agedeckt in der Wiege und haben pueh varm gebalten in 
Pfubl und Rissen und hbaben euch was in den Mund gegeben, 
und der Vater ist ausgegangen und bat das Brot heimgebracht,
	        
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