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Stadt Winsen a./Luhe (4300 Einwohner). Unter der hohen Fluß-
brücke ziehen die Flußdämme dahin, die das Land vor denFlutwellen schützen
sollen. Der Geestrand zur Linken wird zerklüfteter, höher und trägt
stolzen Nadel- und Laubwald. Noch eine scharfe Biegung, und wir
sehen Harburg vor uns liegen. Auch diese Stadt liegt auf einem
scharfen Geestvorsprunge, von dem die Landhäuser jetzt bis zur Höhe
der prächtig bewaldeten Schwarzen Berge ansteigen.
Von diesen Sandhügeln sieht man vor sich an der Süderelbe
Harburg mit vielen Fabrikschornsteinen und dem Hafen liegen. Die
Stadt ist erst in den letzten Jahrzehnten zu rechter Geltung gekommen;
nachdem sie jahrhundertelang vergeblich versucht hatte, einen Teil des
Hamburger Handels an sich zu ziehen. Die Bahnverbindungen
nach allen Seiten hin haben die Anlage von großen Fabriken be-
günstigt, für die in Hamburg der Baugrund allmählich zu teuer wurde.
Harburg hat die größten Palmölfabriken Europas, in denen fast 100000t
Kokoskerne ausgepreßt werden; auch seine Gummifabriken, Glasfabriken,
Eisengießereien, Maschinenfabriken und seine Schiffsrhedereien find von
großer Bedeutung geworden. Daraus erklärt sich das außergewöhn-
liche Wachsen der Stadt, in der man heute 49 200, vor 20 Jahren
aber nur 19 000 Bewohner zählte.
Von dem Schwarzen Berge schreiten wir nach Süden in die
graue, weite Heide hinein. Bald wenden wir uns nach Osten, um
über Schluchten und weiße Sandhügel an die Seeve zu kommen.
Bis dahin und weiter östlich bis zur Luhe treffen wir immer wieder
die init Föhren und Heide überzogenen Sandhügel. Im Luhethale
wollen wir südwärts gehen, um dann von der Böhme nach der Aller
zu gelangen.
Von dem 45 km langen Flußlause der Luhe liegen 40 km in
der hohen Heide. In der Nähe dieses kleinen Flusses werden wir von
der Eigenart der echten unberührten Heidelandschaft und ihrer Bewirt-
schastung noch reichen Stoff zur Betrachtung finden. Wir treffen das
Flußthal an der Stelle, wo die Bahnlinie Lüneburg-Buchholz die Luhe
überschreitet. Die beiden Thalränder fallen steil ab. Die Thalsenke
ist ein grüner Teppich ergiebiger Rieselwiesen, deren Ertrag den Wohl-
stand der Luhedörser begründet hat. Wo der Wiesensaum einmal
abgebrochen ist, treten Erlen, Eichen, Birken und dichtes Dorngebüsch
aus sumpfigem Grunde an den Fluß heran. Man hat metertief in
diesen Mooren an verschiedenen Stellen des Luhelauses dicke Baum-
stamme gefunden, die alle in der Richtung von Nordwesten nach Süd-
osten lagen, so wie sie frühere Stürme oder Gewässer niedergelegt
haben. Auch die Hügel am Thalrande sind mit guten Buchen, Eichen
und Birken bestanden, die das anmutige Thal noch freundlicher machen.
Bei dem Dorfe Amelinghausen beginnt erst die Nordrichtung der
Luhe; ihr Oberlauf hat westöstliche Richtung. Das von Süden kom-
mende Gewässer, dessen Richtung der Hauptfluß fortsetzt, ist die Loppau.
Das Sumpfdreieck zwischen dem Zusammenflusse von Luhe und Loppau
deckt ein Wald von Erlen und Eichen, der dichtes Gebüfch von wilden
Rosen und sehr starken Stechpalmen als Unterholz hat. Hier in der