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„Was bist du denn für ein sonderbarer Frosch?“ rief er diesem
zu. — „Ich? Sonderbar? Wie meinst du denn das?“ fragte der Frosch
erstaunt. — „Nun, du hast ja viel zu kurze Hinterfüße, wie ich sie noch
bei keinem deiner Brüder gesehen habe!“ entgegnete der Fuchs. — „Ich
habe ebenso lange Hinterfüße wie diese!“ meinte der Frosch gekränkt. —
„Aber nein,“ rief der Fuchs wieder, „bitte, betrachte dich doch im Wasser—
spiegel!“ Der Frosch tat es, konnte aber nichts bemerken.
„Nun,“ meinte der Fuchs, „dann muß ich dir auf eine andere Art
beweisen, daß deine Hinterbeine wirklich zu kurz sind. Da sieh her!
Ist die Entfernung zwischen dir und dem Ufer, wo ich stehe, zu weit
oder zu eng für einen gewöhnlichen Froschsprung?“ — „Gerade recht!“
meinte der Frosch. — „Also gut,“ sagte der Fuchs. „Dann wette ich
um zehn fette Regenwürmer, daß du wegen deiner kurzen Hinterbeine
nicht herüberspringen kannst. Gilt es?“ — „Es gilt!“ rief der Frosch
und sprang.
Kaum platschte er aber auf dem Ufer nieder, hatte ihn der Fuchs
schon gepackt und hinuntergeschluckt. „Ja, ja,“ sagte er dann listig, „die
Eitelkeit!“ und lachte.
9. Ungleiche Gegner. Von Otto von Leixner.
Herbstfäden. Scherz und Ernst. Berlin 1887. 8. 150.
Tore eines Gehöftes saß ein kleiner bissiger Köter. Da kam ein
kräftiger Neufundländer heran und ging, als er das keifende Hündchen
gewahrte, ruhig auf die andere Seite der Straße. „Du Feigling,“ schrie
ihm der Kleine nach, „du fürchtest dich!“ Jener blieb stehen und ent—
gegnete: „Fürchten? Dich? Nein, aber der Starke vermeidet jeden
Kampf, wenn er weiß, daß der sichere Sieg ihm keine Ehre bringen
kann.“ Dann sprang er davon; der Köter aber sagte befriedigt zu sich:
„Er fürchtet mich doch!“
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