Full text: [Teil 2 = (Quinta), [Schülerband]] (Teil 2 = (Quinta), [Schülerband])

9 A. Alte Sage und Geschichte. J. Griechische Sagen. 
ein stolzer Achäer dich als Sklavin wegführt, daheim in Argos für 
seine Frau zu weben oder Wasser zu tragen aus der fernen Quelle, und 
wenn die Leute dich neugierig und herzlos angaffen und sagen: „Das 
war Hektors Gattin, einst die hochgeehrte Trojanerfürstin, als die stolze 
Stadt noch stand!“ — Ach, das zů hören, unglückliches Weib! Und ich 
lann dich dann nicht aus der Knechtschaft retten; denn ich vernehme 
deine Klage nicht mehr, weil meine Gebeine der Grabeshügel deckt!“ 
Jetzt wandte er den bekümmerten Blick auf den zarten Knaben 
in den Armen der Wärterin. Aber als er mun die semnen nach ihm 
ausstreckte, schrie das Kind und drückte das Köpfchen fest an den 
Busen des Mädchens. „Er fürchtet sich vor dem flatternden Helm⸗ 
busche,“ sagte diese. Da nahm der Vater den Helm ab und legte 
ihn auf die Erde und nun schaute er dem Knäblein freundlich ius 
Gesicht, und es ging willig in seine Armen Da wiegte er's auf und 
ab mit herzlicher Vaterfreude, küßte es einmal und noch einmal und 
wandte, inbrünstig flehend, den Blick zum Himmel: 
„Gütige Götter,“ sprach er, „erfüllt mir das Eine: Laßt dieses 
mein Söhnlein stark und brav werden, daß es vor andern immen sich 
auszeichne und dem Volke ein tapferer Hort sei, damu die Mannen 
sagen, wenn er vom Treffen heimkehrt: Der komm noch weit über 
seinen Vater!“ — Des muüsse sich dann die gute Mutter freuen!“ 
Also sprach er und gab das Kind der weinenden Gattin zurück, 
die es sanft an ihren Busen drückte, unter Thränen lächelnd. Auch 
er wurde von Mitleid ergriffen, als er das sah. Er liebkoste das 
treue Weib mit der Hand und sagte tröstend: 
„Fürwahr, du mußt nicht allzusehr trauern im Herzen! Des 
Menschen Leben ruht in der Hand des Schicksals, und keiner wird mich 
wider des Geschicks Bestimmuͤng hinab zu den Toten senden. Wem 
aber das Los einmal fällt, der muß folgen, sei er hoch oder niedrig. 
Gehe drum jetzt an dein Geschäft, besorge Spindel und Webstuhl und 
gebiete den dienenden Weibern, daß sie fleißig arbeiten. Der Krieg 
gebührt den Männern und mir am meisten unter allen Trojanern. 
Er nahm seinen Helm wieder auf und eilte von dannen Auch 
sie ging mit dem Kinde; doch stand sie oft still, um dem trefflichen 
Manne nachzusehen. Als sie in ihr Gemach kam, da brachen erst 
die bittersten Thränen aus, und die dienenden Weiber schluchzten mit 
ihr; denn alle liebten sie und den edeln Hektor; es ward viel von 
ihm gesprochen, und die Frauen, das Unheil ahnend, betrachteten ihn 
fast als einen, der schon gefallen wäre. 
7. Hektors Tod. 
Kampf auf Kampf war gefolgt. Die Trojaner waren bis an das 
Schiffslager der Griechen vorgedrungen, ja, sie hatten sogar schon ein 
Schiff erstürmt und verbrannt. Und noch unmer hielt sich Achilles 
vom Kampfe zurück. Erst als sein Freund Patrokkus von Hektors 
Hand gefallen war, da stürmte auch er hinaus, sein Leid am Todfeind 
zu rächen. Schon hatte er bis unter die Mauern Trojas zuruͤck 
gedrängt, dann aber zur Verfolgung fliehender Feinde sich gewandt.
	        
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