Der Landesherr, welcher eine Weile starr vor sich
hin geblickt hatte, ließ jetzt seine umdüsterten Augen nach
dem Brunnensteine schweifen. Er war leer
Augenblicklich trat ein fremder Landmann vor, neigte
sich den breitkrämpigen Hut vom Hanpte ziehend, tief zur
Erde und berichtete in zitterndem Tone: „Euͤrer Majeftät
unterthänigster Diener, der Veteran Josias Lindheim, ge—
wöhnlich genannt der alte Kanonieronkel“, ist vor etlichen
Tagen zur großen Armee abgerufen. In seiner Sterbe—
stunde trug er mir auf, unserm allergnädigsten König und
Herrn, falls hochderselbe nach dem Brunnensteine hinschauen
würde, sein Ableben gehorsamst zu vermelden. — Eins
der letzten Worte, unter denen der unvergeßliche Alte
seinen Heldengeist aushauchte, war — Eure Majestaͤt wolle
mir die treue Wiedergabe zugute halten — — ‚pPotzblitz
Waterlool Heil unserm Könige! Heil unserm von ihm be—
schirmten Vaterlande!“
Allen, die dieses hörten, schossen die Thränen in die
Augen, selbst die Augen des greisen Königs wurden feucht,
und er sprach in gedämpftem Tone: „Die Reihen meiner
lten wackern Vaterlandsverteidiger lichten sich gar stark.
Einer nach dem andern führt dahin. Der Kanonier Josias
LAindheim war, wie ihr wißt, lieben Leute, einer der
Bravsten darunterr Ihm werde ein bleibendes Denkmal
errichtet in unser aller Herzen! — Vielleicht muß auch
ich nun bald den Weg gehen, den keiner wieder zurück—
kommt.“
„Das verhüte Gott!“ rief in tiefster Bewegung der
fremde Landmann, der die Trauerbotschaft aus Hilgenthal
überbracht hatte. Und gleichzeitig erscholl ringsumn die
tin inbrünstiges Gebet der vielstimmige Ruf: Lang' noch
lebe unser Königii — ————
Drei Tage später ward Lina Birkenbach zur kühlen
Ruhestatt des Friedhofes getragen. Es war ein wonniger
Maltag. Die Sonne lachte, und die Vöglein jubilierten,
als sei vor ihren Augen der Tod das freudigste Ereignis
von der Welt. Vielleicht war's und ist's das auch
ganz gewiß wenigstens für die Heimgegangenen.
Nieders. Vollsbuch II. 8
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