146 B. Lyrisch epische Poesie. VI. GErzählungen, Balladen, Romanzen.
Und trägt es zur fernen Aue Aufs Haupt des Toten als Tau,
Pinie in raschem Lauf; Daß er unbeweint nicht liege
Und gießt aus der Wolke die Thränen Auf ferner, fremder Au'.
90. Der Postillon. (Vor 1832.)
Von Nikolaus Lenau. Gedichte. Stuttgart und Augsburg, 1858.
L.Fieblich war die Maiennacht, . Hingelehnt am Bergesrand
Silberwölklein flogen, War die bleiche Mauen
Ob der holden Frühlingspracht Und das Kreuzbild Goites stand
Freudig hingezogen. Hoch in stummer Trauer
2. Schlummernd lagen Wies' und Hain, 10. Schwager ritt auf seiner Bahn
Jeder Pfad verlassen; Stiller jetzt und trüber,
Niemand als der Mondenschein Und die Rosse hielt er an,
Wachte auf der Straßen. Sah zum Kreuz hinüber
3. Leise mir das Lüftchen sprach, 11. „Halten muß hier Roß und Rad,
Und es zog gelinder Mag's Euch nicht gefährden!
Durch das slille Schlafgemach Drüben liegt mein Kamerad
All der Frühlingskinder In der kühlen Erden.
4. Heimlich nur das Bãchlein schlich, 12. Ein gaͤr herzlieber Gesell!
Denn der Blüten Träume 's ist ewig schade!
Dufteten gar wonniglich einer blies das Horn so hell
Durch die stillen Raͤume. Wie mein Kamerade.
5. Rauher war mein Postillon, 13. Hier ich immer halten muß,
Ließ die Geißel knallen, Dem dort unterm Raͤsen
Über Berg und Thal davon Zum getreuen Brudergruß
Frisch sein Horn erschallen. Sein Leiblied zu blasen.
b. Und von flinken Rossen vier 14. Und dem Kirchhof sandt' er zu
Scholl der Hufe Schlagen, Frohe Wandersänge,
Die durchs blühende Revier Daß es in die Grabesruh'
Trabten mit Behagen. Seinem Bruder dränge.
. Wald und Flur im schnellen Zug 15. Und des Hornes heller Ton
Kaum gegrüßt — gemieden! Klang vom Berge wieder,
Und vorbei wie Traumesflug Ob der tote Poflillon
Schwand der Dörfer Frieden. Stimmt' in seine Lieder. —
3. Mitten in dem Matenglück 16. Weiter ging's durch Feld und Hag
Lag ein Kirchhof innen, Mit verhängtem Zugel,
Der den raschen Wanderblick Lang' mir noch im Ohre lag
Hielt zu ernstem Sinnen. Jener Klang vom Hügel.
1. Die Werbung. (Vor 1832.)
Von Nikolaus Lenau—. Gedichte. Stuttgart und Augsburg, 1858.
Rings im Kreise lauscht die Menge Wilder schlag das Cymbal du!“
Bärtiger Magyaren froh; 10 Ruft der Werber, und es klingen
Aus dem Kreise rauschen Klänge, Seine Sporen hell dazu.
Was ergreifen die mich soꝛ Der Zigeuner hört's, und voller
Tief gebräunt vom Sonnenbrande, Wölkt sein Mund der Pfeife Dampf,
5 Rotgeglüht von Weinesglut, Lauter immer, immer toller
Spielt da die Zigeunerbaude 15 Braust der Instrumente Kampf,
Und empört das Heldenblut. Braust die alte Heldenweise
„Laß die Geige wilder singen! Die vor Zeiten wohl mit Macht