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15. Bie Bettl?erin. 
Zur Zeit der Teurung kam an einem rauhen, 
kalten Wintertage eine unbekannte arme Frau in das 
Dorf und bat flehentlich um Almosen. Ihre Kleidung 
war reinlich, aber sehr abgetragen und vielfältig ge- 
flickt. Ihren Kopf hatte sie, da es heftig schneite 
und wehte, mit einem Tuche dieht umhüllt. In der 
rechten Hand führte sie einen langen Stab; am linken 
Arme trug sie einen Korbe 
Aus den meisten Häusern wurden ihr nur geringe 
Gaben zum Fenster heraus gereieht; von einigen rei- 
ehen Leuten wurde sie mit unfreundlichen Worten 
abgewiesen; nur ein armer Bauer rief sie herein in 
die Stube, und die Bäuerin, die eben einen Kuchen 
gebacken hatte, gab ihr davon ein schönes, grolses Stück. 
Am folgenden Tage wurden ganz unerwartet und 
zur allgemeinen Verwunderung alle die Leute, bei 
denen die Unbekannte gebettelt hatte, in das Sechlos»s 
zum Abendessen eingeladen. Als sie in den Speisesaal 
traten, erblickten sie ein kleines Tischchen voll köst- 
licher Speisen und eine grosse Tafel mit vielen Tellern, 
auf denen hie und da ein Stückchen verschimmeltes 
Brot, ein paar Erdäpfel, oder eine Hand roll Kleie 
lag, auf einigen aber gar niehts zu sehen war. 
Die Frau des Schlosses sprach: ,Ich war jene 
verkleidete Bettlerin und wollte bei dieser Zeit, wo 
es den Armen so hart geht, eure Wohlthätigkeit auf 
die Probe stellen. Diese zwei armen Leute bewirte- 
ten mich, so gut sie konnten; sie speisen daher nun 
auch mit mir und ieh werde ihnen ein Jahrgeld aus- 
setzen. Ihr andern aber nehmt mit den Gaben vor- 
lieb, die ihr mir gereicht habt und hier auf den 
Tellern erhliekt.
	        
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