Sehen wir genau zu, so erkennen wir, daß alle Einzelerscheinungen dieser
Entwicklungsreihe wie die Glieder einer langen Kette ineinander greifen, daß sich
das eine aus dem andern ergibt, also U r sa c e und Fo lge zugleich ist.
Quellen: Von der Geschichte eines Volkes wie der Einzelpersönlichkeit in ihm erzählen
uns die Überreste, die aus den Tagen ihres Schaffens auf uns gekommen sind, gleichsam Augen-
und Ohrenzeugen ihres Lebens. So die Spuren des urgeschichtlichen Menschen: die körperlichen
Überreste, die Funde in Pfahlbauten und Grabstätten. In der Sprache (Wortbedeutung), in
Sitten, Bräuchen, Einrichtungen, in den Erzeugnissen der Künste und Gewerbe, in Baudenk-
mälern spiegelt sich die Eigenart des Volkes ebenso wider wie in den Münzen und Waffen, in
Sage und Lied. Die ergiebigsten Quellen sind allerdings die geschriebenen: Annalen, Chroniken,
Inschriften, Urkunden, große geschichtliche Gesamtdarsstellungen. Dabei darf aber nicht über-
sehen werden, daß manche Berichte absichtlich oder auch unbewußt falsch dargestellt sein können t
Aufgabe der historischen Kritik ist es daher zu untersuchen, ob der Berichtende das Dargestellte
wissen konnte, ob er es wahrheitsgemäß erzählen wollte, ob das Schriftstück echt oder gefälscht ist u. dgl.
Schaup lay der Geschichte: Die Geschichte der Kultuvölker geht
vom Orient (dem Nil- und Euphrattale) aus; umfaßt, nach Westen vordringend,
zu Ende des Altertums die Länder des Mittelmeeres; betritt darnach ~ von
Westen und Süden kommend den Boden Mitteleuropas, um schließlich seit der
Zeit der großen Entdeckungen und der Kolonialpolitik den ganzen Erdball zu um-
sIpannen. In den einfachen gesellschaftlichen Formen (mögen sie aus Friedens-,
Kriegs- oder aus Siedlungs- und Wirtschaftsgemeinschaft hervorgegangen sein)
sahen sich die außerhalb dieser Verbände Stehenden als natürliche Feinde an.
Kultur, Religion und Handel haben aber im Laufe der Jahrhunderte um die
einzelnen Staaten ein festes Band geschlungen.
Der Boden ist mitbestimmend für die Entwicklung des Menschen und des
Volkes sowohl in seinem politischen und wirtschaftlichen Schaffen als auch für
seinen Charakter. Es ist kein Zufall, daß die Ägypter so frühzeitig und so tiefe
mathematische und astronomische Kenntnisse besaßen, daß die Phönizier das
bedeutendste Handelsvolk des Altertums waren, daß die Griechen ein so schönheit-
freudiges Volk, die Römer aus einem waffenkühnen Bauernvolk zu Welteroberern
und die Deutschen auf ihrem oft kargen Boden zu jenem tatkräftigen Volk
wurden, als das sie sich seit ihrem Eintritte in die Geschichte erwiesen haben.
Die V öl k e r werden nach körperlichen Merkmalen in Rassen, mit Rüchsicht
auf sprachliche Eigentümlichkeiten in Sprachstämme und Völker gegliedert. Die
vergleichende Sprachforschung hat zur Annahme eines indogermanischen Ur-
volkes!) geführt.
Die Kulturvölker sind folgende:
Hamiten Semiten In dog ermanen
(Ägypter) (Babylonier, Assyrier, Asiatische Europäische
Phönizier, Israeliten) (Inder, Jranier) (Griechen, Italiker,
Kelten, Germanen, Slawen)
1) Die Sprachenverwandtschaft der indogermanischen Völkergruppen kann aus folgendem
Beispiele erkannt werden: Sanskrit: matri, griech.: meter, lat.: mater, althochd.: muoter,
altslaw.: mati.