Full text: Lern- und Lesebuch für den Geschichtsunterricht an einjährigen Lehrkursen

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wirtschaftliche Tätigkeit (z. B. Verstaatlichung der Verkehrsanstalten) und er greift 
in die Einzelwirtschaft auch der unteren Bevölkerungsschichte (Arbeiterschutz, -ver- 
sicherung u. dgl.) ein, aber nicht um willen des einzelnen, sondern deshalb, weil 
dadurch das Interessse des ganzen Volkskörpers, der Gesellschaft gefördert wird; 
darum ist die moderne Volkswirtschaft eine soziale. Entgegen den Bestrebungen 
der Sozialdemokratie (einer politischen Partei, welche eine Umgestaltung der gesell- 
schaftlichen Ordnung fordert, und zwar so: daß alle Produktionsmittel [Grund und 
Boden und Kapital] in das Eigentum der Gesamtheit übergehen, unter die der 
Ertrag gleichmäßig verteilt werde)geht die Sozial-und Wirtschaftspolitik des Staates 
den „goldenen Mittelweg". Das Gemeinwohl, die Erhaltung der Ordnung, Schutz 
des Eigentums und der Person und die darauf fußende Kulturentfaltung stellt sie 
über die Gegensätezwischen den Berufsständen und Gesellschaftsklassen. Der Staat 
treibt Mittelstand s p o lit i k, um die kleinen und mittleren Betriebe im 
wirtschaftlichen Wettkampfe gegen den Großbetrieb zu schützeen. (Vgl. S. 153.) 
I. Die Güterproduktion. 
a) Natur, Kapital und Arbeit sind die drei Produktions elemente, die 
der menschliche Geist zur Schaffung wirtschaftlicher Werte verwendet. 
b) Die Unternehmung sf o rm e n. Die Gütererzeugung unserer Tage 
geschieht in der Form des Unternehmens, d. h. der wirtschaftlich Tätige besorgt die 
Gütererzeugung wohl auf eigene Rechnung und Gefahr (Kapitalsanlage ist Voraus- 
setzung), aber für fremden Bedarf. Die Einz e lunt ern eh mung ist die all- 
gemeinste Form. Sie geht jedoch allmählich zugunsten der G e s e l l scha f ts unt e r- 
nehmung zurück. Bei der o ff enen Handelsgesellschaft haftet jeder 
der Teilhaber im Gegensaß zu den Gesellschaften mit beschränkter 
Haftung mit dem ganzen Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gefellschaft. 
Während dort alle Gesellschafter mit Kapital und Arbeit beteiligt sind, fällt letztere für 
die Mitglieder (Aktionäre) der Aktien g e se lI sch a f t en weg, sondern liegt in den 
Händen des Direktors, der im Auftrage der Generalversammlung die Arbeit leitet, die 
ihrerseits wieder vom Aufsichtsrat beaufsichtigt wird. Das Gesellschaftskapital ist in 
Anteile (Aktien) zerlegt; die Haftpflicht erstreckt sich auf die Höhe des eingezahlten Kapitals. 
Der Gewinn wird auf die Aktien aufgeteilt (Dividende). 
Die Erwerbs- und Wirtschafts genoss enschaf t ist eine segens- 
reiche Einrichtung, weil es in ihr (dem Zusammenschluß der wirtschaftlich Schwachen) 
auch dem Kleingewerbetreibenden möglich ist, Kapital und Arbeitskraft der Maschine 
die starken Waffen des kapitalistischen Großbetriebes ~ erfolgreich zu bekämpfen. Die 
Genossenschaft stellt z. B. ihren Mitgliedern gegen ein Entgelt sowohl Werkstätte als 
Betriebskräfte (Motoren, Arbeiter) zur Verfügung (Werks- bzw. Maschinengenossen- 
schaft). Das Charakteristische solcher Unternehmungen ist also der gemeinschaftliche 
Geschäftsbetrieb. Aber nicht bloß zur gewerblichen Produktion, sondern auch zu anderen 
Zwecken werden Genosssenschaften gegründet; es gibt Bau-, Rohstoff-, Magazins-, Pro- 
duktiv- (gemeinsame Erzeugung und gemeinsamer Verkauf von Waren), Kreditgenossen- 
schaften (Vorschuß- und Darlehenskassen; vgl. S. 155), Konsumvereine (gemeinsame 
Anschaffung von Lebensmitteln) u. a. Die Teilnehmer haften entweder mit dem ganzen 
Vermögen oder bloß einem Teile desselben. (G. m. u. H., oder G. m. b. H.) 
Die Aufgaben der Genossenschaft werden auf Grund des „Statutes" durchgeführt 
von Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung. ] 
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