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c) Die Geographie wurde durch die Entwicklung der Astronomie
gefördert. Gra tösthenes aus Cyréne (276195), der Vorsteher der Biblio-
thek zu Alexandria, berechnete die Neigung der Ekliptik, bestimmte den Erd-
umfang und begründete zuerst eine wissenschaftliche Chronologie.
da) Die Geschichtschreibung besaß in dieser Periode keinen hervor-
ragenden Vertreter. Dafür erlangten die alexandrinischen Gelehrten als eifrige
Sammler Bedeutung und Einfluss auf die spätere Historiographie.
e) Die Beredsamkeit wurde durch Demössthenes (§ 41) aus Attica
[384322) zur höchsten Entwicklung gebracht. Kraft, Erhabenheit und Ge-
drängtheit, sowie die scheinbar kunstlose, immer aber berechnete Anordnung
des Stoffes und die dem Gegenstande sich genau anschmiegende Wahl des
Ausdruckes stempelten seine Reden zu unübertroffenen, wenn auch häufig
sstudirten und nachgebildeten Mustern. Sein bedeutendster Rival und zugleich
sein politischer Gegner war Äschines aus Attica (389-314), dessen Reden
durch ihre glänzende, bilderreiche Sprache bemerkenswert sind. Die spätere
alexandrinische Zeit zeigt die Beredsamkeit in ihrem Niedergange.
f) Philologie (Grammatik). Die alexandrinischen Gelehrten pflegten
die Werke der Dichter und Schriftsteller älterer Zeiten zu ordnen, zu erklären,
kritisch zu untersuchen und zu bestimmten Zwecken in Sammlungen zusammen
zu stellen. Die Männer, welche sich solchen Arbeiten, die zunächst große
Belesenheit und Vielseitigkeit des Wissens erforderten, widmeten, nannte man
Philologen und ihre Thätigkeit Philologie. Aus dieser entwickelte sich die
Grammatik als besondere Wisssenschaft. Die wichtigsten Grammatiker waren
Zenödotus aus Ephesus (280), Aristóphanes aus Byzanz (200), der
angebliche Erfinder der Accente und Interpunktionszeichen, Aristärch aus
Samothräce (170), welcher den Dichtungen Homer's (§ 45) ihre gegenwärtige
Gestalt gab, und der durch seine hämische Tadelsucht berüchtigte Zöilus
aus Ambvhipolis (270).
2. Dichtung.
Mit der verlorenen Unabhängigkeit der Hellenen verssiegte auch die
poetische Gestaltungskraft dieses Volkes. Die alexandrinische Periode ent-
wickelte eine eigenthümliche Art poetischer Production, nämlich das Hirten-
gedicht oder die Idylle. Ebenso unwahr, wie die meisten unserer modernen
»Dorfgeschichten«, zeichnen sich diese Dichtungen keineswegs durch Originalität
und poetischen Schwung, wohl aber durch die Gelehrsamkeit und Belesenheit
ihrer Verfasser aus. Die Hauptrepräsentanten der Idylle oder bucolischen
Dichtung sind Theöcritus aus Syracus (280), Bion aus Smyrna (200)
und Mösch os aus Syracus (225).
3. Kunsst.
a) Die Architektur verlor in der alexandrinischen Periode vieles von
der reinen und maßvollen Classicität der früheren Zeit. Luxuriöser, häufig
liberladener Rrivatbau trat an die Stelle des Tempelbaues und der corinthische