Full text: [Abth. 2, [Schülerband]] (Abth. 2, [Schülerband])

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Schwefel 1. Die Geschosse bestanden in der ersten Zeit aus Steinkugeln, welche man 
häufig mit eisernen Bändern umzog; nur bei den Terrasbüchsen (in festen Plätzen 
und auf Schiffen gebraucht) verwendete man Kugeln aus Blei. Alle Geschüygrohre 
wurden entweder auf Pflöcken, die man in die Erde getrieben hatte, befestigt, oder sie lagen 
auf Gerüsten oder in Laden, welche letztere zuerst in Frankreich und Burgund auf Rollen 
oder Räder geseßt wurden (Lafette). Schon sehr früh unterschied man zwischen 
Geschüßen für den Wurf und solchen für den Schuss im flacheren Bogen. Erstere, 
welche die antike Balliste ersegen sollten, nannte man Bombarden (Bumharte) oder 
Donnerbüchsen, letztere, welche die alten Katapulten zu vertreten hatten, Steinbüchsen, 
Karthaunen und Kanonen oder, bei großer Rohrlänge und kleinem Caliber (für Eisen- 
oder Bleikugeln), Falkaunen (Falconettlein) und Feldschlangen (Serpentinlein). Von 
den lezteren wurden häufig mehrere auf e ine m Gestelle befestigt und gleichzeitig, 
vermittelst eines herumgewickelten Schwefelfadens abgefeuert (Orgelgeschütze, Todten- 
orgeln). Hinterlade-Geschütße, häufig mit recht sinnreichen und verbesserungsfähigen 
Verschlüssen, kamen in der Zeit der Kindheit der Pulvergeschütze schon sehr zahlreich vor. 
Feldgeschütze, obwohl von den Engländern angeblich schon in der Schlacht bei Crecy, jedoch 
ohne alle Wirkung, gebraucht, erlangten erst seit den Hussitenkriegen (§ 50) Wichtigkeit, 
während die schweren Geschütee am Ende des 14. Jahrhunderts im Festungs- und Seetriege 
eine bereits nicht mehr unbedeutende Rolle spielten. Noch im Laufe des Mittelalters wurden 
in Italien die kurze Steinbüchse (Haufnitz, Haubitze) und die Bombe, das älteste Hohl- 
geschoss, erfunden. Nach einer vielverbreiteten, aber durchaus unerwiesenen Erzählung 
soll erstere von einem Fürsten des Hauses Est e, letztere von einem Beherrscher der 
Stadt Rimini (Malaté sta) construiert worden sein. ~ Die ältesten im westlichen 
Europa gebrauchten Handfeuerwaffen waren die vornehmlich in Lüttich und Perugia 
(spr. Perüdscha) erzeugten Knallbüchsen oder Petrinale. Sie bestanden aus einem 
Rohre von bescheidener Länge, an welches sich ein massiver eiserner Stiel, der als 
Handhabe diente, anschloss. Der Jnfanterist drückte den Stiel der Schießwaffe in 
die linke Achselhöhle, richtete die Mündung gegen den Feind und brachte, wenn nicht 
ein zweiter Soldat ihm behilflich war, mit der rechten Hand die Kohle oder Lunte 
an das Zündloch. Der Reiter hängte den am rückwärtigen Ende des Petrinals ange- 
brachten Ring in einen Haken seines Kürasses und legte die Mündung in eine, am 
Sattel angebrachte, aufstellbare Gabel und gab dann, ebenso wie der Fußsoldat, den 
Schuss ab. Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts wurden in Jtalien Faust- 
rohre erzeugt, welche möglicherweise von Pistoja, dem Orte ihrer Anfertigung, den 
Namen Pistolen erhielten. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts kamen längere Hand- 
rohre mit rohen Holzeinfassungen vor, aus welchen letzteren sich allmählich der nach 
abwärts gekrümmte Schaft (Kolben) entwickelte. Wegen der sehr geringen Wirkung der 
alten Knallbüchsen wurden längere Rohre und größere Caliber eingeführt. Diese 
schweren Handfeuerwaffen erhielten, um sie in einen Gabelstock oder in eine, auf der 
Ringmauer fester Plätze angebrachte Vertiefung einlegen zu können, einen am Laufe 
angesschmiedeten Haken und von diesem die Bezeichnung Hakenbüchssen oder kurzweg 
Haken. Man unterschied, je nach dem Gewichte ihres Bleigeschosses, halbe Haken (Hand- 
rohre oder Arkebusen) und Haken, dann die nur im Festungskriege benüßten Doppel- 
haken und doppelten Doppelhaken. 
Seit der Neige des 14. Jahrhunderts wurde das Zündloch nicht mehr an der 
oberen, sondern an der rechten Rohrwand angebracht und mit einer Pfanne nebst
	        
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