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seine Sandalen und Waffen unter einen großen Felsblock gelegt, damit
der großgewordene Theseus sie an sich nehme und mit ihnen als Er¬
kennungszeichen den Vater aufsuche.. Im 16. Jahre hob der junge Held
den Stein und machte sich auf den Weg, um seinen Vater zu suchen.
2. Der strafende Held. Auf dem Wege zu seinem Vater tötete er
den Keulenschwinger Periphetes, den Fichtenbeuger Sinnis, den Räuber
Skiron und den Folterer Prokrustes.
Periphetes erschlug die Wanderer mit einer eisernen Keule. Theseus
erlegte ihn und führte fortan seine Keule. Sinnis bog aus der Land¬
enge von Korinth zwei starke Fichten nieder und band die Füße der
Wanderer an die Spitzen. Dann ließ er die Fichten in die Höhe schnellen,
so daß die Unglücklichen zerrissen wurden. Theseus nahm ihm auf die¬
selbe Weise das Leben. An derselben Stelle richtete er später dem Po¬
seidon zu Ehren die isthmischen Spiele ein. Skiron zwang die Reisenden,
auf einem schmalen Fußpfade über dem Meere ihm die Füße zu waschen,
und schleuderte sie dann mit einem Fußtritte in die Tiefe. Eine große
Seeschildkröte fraß den zerschmetterten Leib. Theseus that ihm, wie er
so vielen gethan hatte. Prokrustes hatte ein kurzes und ein langes
Bett. Kleine Leute reckte er so lange aus, bis sie in das große Bett
paßten, große verstümmelte er so lange, bis sie in das kleine gingen.
Theseus legte den Riesen in das kleine Bett und hieb ihm die Beine ab.
3. Der mutige Befreier. Ägeus erkannte an den Waffen in dem
jungen Helden seinen Sohn. In Athen fing und opferte dieser den
marathonischen Stier. Er befreite die Stadt von dem kretischen Tribute
(alle 9 Jahre 7 Jungfrauen und 7 Jünglinge), indem er den Mino¬
taurus (d. h. Stier des Minos, halb Stier, halb Mann) im Labyrinth
auf Kreta tötete. Der Faden der kretischen Königstochter Ariadne
leitete ihn aus den Jrrgängen des Labyrinths. Darauf entfloh er mit
Ariadne. Auf Naxos verließ er sie aber, worauf sie sich verzweifelnd
ins Meer stürzte. Als er sich dem Heimatufer näherte, vergaß er, statt
der schwarzen Segel weiße aufzusetzen, wie er versprochen hatte. Infolge¬
dessen stürzte sich sein Vater, weil er seinen Sohn tot glaubte, von Schmerz
übermannt ins Meer, das nach ihm das „Ägäische" genannt wurde.
4. Der unglückliche Vater. Als König von Athen vereinigte
Theseus die einzelnen Gemeinden. Seine zweite Gattin Phädra ver¬
leumdete aus Rache ihren Stiefsohn Hippolyt bei seinem Vater. Theseus
verfluchte im raschen Zorne den Unschuldigen und bat Poseidon, das
Strafgericht zu vollziehen. Der verstoßene Hippolyt fuhr in tiefer Trauer
an dem Ufer des Meeres hin. Da stieg ein wilder Stier aus den
Fluten und machte die Pferde scheu. Sie schleiften den edlen Jüngling
zu Tode. Als seine Unschuld zu Tage kam, tötete sich Phädra, und
Theseus zerraufte Haare und Kleider vor Schmerz.
5. Der verbannte Herrscher. Später stieg er in den Hades, um
die von Pluto geraubte Persephone wieder in das Reich des Lichtes zu
holen. Aber der Gott ließ ihn an einen Felsen wachsen und von den
Rachegöttinnen quälen. Endlich befreite ihn Herakles. Als er zurück¬
kehrte, verschlossen ihm die Athener die Thore. Da sprach er den Fluch