Full text: Lehrbuch der alten Staaten- und Völkergeschichte

zehn Patriciern *) mit dictatorischer Gewalt, ohne alle Ver- 
antwortlichkeit (sine provocatione) an die Stelle der Con- 
suln und Tribunen geseßt. Sie brachten im ersten Jahre 10 
Gesettafeln **) in Ordnung, und fügten im folgenden noch 
zwey neue Tafeln hinzu, welche von den versammelten Cen- 
turien unter dem Nahmen der XII. Tafelgeseße als allgemei- 
nes römisches Bürgerrecht (jus civile Romanum), feyerlich 
bestättiget wurden. 
Während aber die Decemviren ihre Amtsgewalt blei- 
b e n d zu machen suchten , und sich durch Gewaltstreiche , wie 
die Ermordung des L. Siccius Dentatus und die gerichtlichen 
Ränke des Appius Claudius gegen die junge Virginia, Braut 
des L, Jcilius, ***) verhaßt machten, reitßte der Kriegs-Tributt 
Virginius, nach Ermordung seiner mit Sclaverey und Schmach 
bedrohten Tochter, das im sabinischen Kriege begriffene Heer 
zum Aufstande (449) , wodurch die Decemviren zur Abdan- 
kung genöthiget wurden. *#**%*] Das Consulat und das Tribunat 
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*) Decemviri scribendis legibus waren, außer den 3 Abge- 
ordneten: 4. Appius Claudius Crassinus ; 5. T. Genucius 
Augurinus ; 6. P. Cestius Capitolinus; 7. T. Romilius Ro- 
cus Vaticanus ; 8. C. Julius Julus ; 9. T. Veturius Crassus 
Cicurinus ; x0. P. Horatius Tergeminus. 
«%) Die Gesetze wurden zuerst auf Tafeln von Eichenholz öf- 
fentlich ausgestellt, und nach der Bestättigung in Erztafeln 
gegraben. Es sind noch 150 Fragmente derselben vorhanden, 
welche Jac. Gothofred, ein französischer Rechtsgelehrter , zu- 
erst wieder bekannt machte. Cicero sagt davon (de Orat- 
I. 44.) Bibliothecas me hercule omuium Philosophorum 
unus mihi videtur XII. tabularum libellus, si quis legum 
Contes et capita viderit et anctoritatis pondere et ulilita- 
lis ubertate superare. 
«s|) Claudius, ein Client des Decemvirs Appius Claudius, 
war angestiftet, diese edle Jungfrau als seine Sclavinn vor 
Gericht zu reclamiren , um sie dem Decemvir zu verkaufen. 
Ihr Vater Virginius, ein verdienter Krieger, wußte ste nicht 
anders zu retten, als indem er sie vor dem Gerichtsstuhle 
sts. Claudius und sein Mitschuldiger Sp. Oppius star- 
ben im Kerker, die übrigen im Exile.
	        
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