bis zur Völkerwanderung ums J. 400 nach Chr. Geb. 11
auch freygelassen wurden, wo sie dann Lassen oder Fri-
la ssi hießen.
Jedes von einem deutschen Volksstamme in Bestß genom-
mene Land wurde in G aue (pagus) eingetheilt, und in jer
dem ein Graf (grauer Alter) als obersier Gerichtspfler
ger bestellt.
Die G erich te wurden bis auf Carls des Großen Zeiten
unter freyem Himmel, oft unter großen Linden oder Eichen,
oder auf Bergen, gehalten. Bäume und große Steine ber
zeichneten den Ort, welcher Dingstätte (Tallum, Mahl) ger
nannt wurde. Dem Gau- Grafen standen 100 Geschwornerte
Richter (Centeni, Centgrafen) zur Seite, Der gerichtliche
Beweis wurde von den Parteyen durch den Eid bey dem
Scl;werte, durch Zweykampf und andre Gottesurtheile geführt.
Die Geschwornen erkannten zu Recht, und der Graf sprach
das Urtheil aus.
Die Grafen genoßen ein besonderes Ansehen. Sie und
die Kriegsobccsten (duces) machten den alt deut schen Adel
aus , der auch auf die Söhne verdienstvoller Männer forterbte.
Aus dem Adel wurden die Köni ge und Herzog e ge-
wählt. Man erhob den neugewählten König, mit einer Lanze
in ter Hand, auf einem Schilde und trug ihn dreymahl im
Kreise herum. Die Kbnige ließen zur Unterscheidung das
Haupthaar lang wachsen , und hatten ein großes Gefolge.
§. 10.
Cimbern und Teutonen.
Im Jahre 113 vor Chr. Geb. zogen die Deutschen die
Blicke der Römer, damahls des mächtigsten Volkes der Erde,
zum ersten Mahle auf sich. Dieß geschah durch den Zug der
Cimbern , welche aus ihren Wohnsißen im heutigen Jüt-
land (von ihnen Chersonesus Cimbrica genannt) , durch ei-
ne große Überschwemmung verdrängt, mit ihren Nachbarn,
den Teutonen, und andern Völkern, durch Böhmen nach
Noricum zogen, und von den Römern Wohnland und Städte
verlangten. Durch die abschlägige Antwort gereizt , schlugen