Full text: Für die 1. Humanitätsklasse der k. k. Gymnasien (Theil 4, [Schülerband])

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von feiner ausgezeichneten Kenntnis der lateinischen Sprache führte (Cicero 
war einer der berühmtesten römischen Redner gewesen) war im Gegensatz zu 
seinem Vater sparsam und von bescheidenem Auftreten. Er starb schon 1499 
und hinterließ das Land seinem erst 15jährigen Sohne Joachim Nestor. 
§ 87. Kaum war Joachim I., den man später wegen seiner weisen 
Ratschläge nach dem bekannten griechischen Helden Nestor nannte, zur 
Regierung gelangt (1499—1535), als der Adel glaubte die große Jugend 
des jungen Kurfürsten benutzen zu können, um seine vermeintlichen Vor¬ 
rechte wieder zu erlangen. Er überbot sich in Unbotmäßigkeit, und'sogar 
Wegelagerei und Raubrittertum lebten wieder auf. Aber Joachim griff 
kräftig durch, ungeachtet der Drohungen der Adligen ließ er eine Anzahl 
derselben aufhängen, und Ruhe und Sicherheit kehrten rasch zurück. Unter 
Joachim I. begann die Reformation in Deutschland, aber als Bruder 
des Erzbischofs von Mainz, Albrechts von Brandenburg, gegen welchen 
Luther als Urheber des Ablaßhandels auftrat, war er ein heftiger Gegner 
ber neuen Lehre. Dagegen trat feine Gemahlin Elisabeth zum lutherischen 
Glauben über, unb seine ßeiben Söhne, ber tapfere Joachim II. Hector 
unb Johann von Küftrin (1535—1571) führten bie Reformation im 
Jahre 1539 in ben Branbenburgifchen Sanben ein. Nun holten sie auch 
ihre Mutter Elisabeth, welche vor ihrem Gemahl Joachim I. wegen ihres 
Glaubenswechsels nach Sachsen geflüchtet war, im Triumph zurück. Joachim II. 
war ähnlich wie einst Albrecht Achilles ein glanzliebenber Fürst, fein Bruber 
Johann von Küftrin bagegen einfach unb äußerst sparsam. — Unterbessen 
hatte unter ben hohenzollernschen Kurfürsten ber Umfang bes branben- 
lmrgischen Staatsgebietes stetig zugenommen. Kein Kurfürst hatte aber 
bis bahin so ausgebehnte Sänberstrecfen erworben wie Johann Si gis- 
munb, ber von 1608—1619 regierte. Er gelangte i. I. 1614 nicht nur 
nach bem Aussterben ber Herzoge von Jülich, Kleve unb Berg in ben 
Besitz bes Herzogtums Kleve unb ber Grafschaften Mark unb Ravensberg, 
woburch Brandenburg zuerst am Rhein unb in Westfalen festen Fuß faßte, 
sonbern er erbte 1618 auch bas wichtige Herzogtum Preußen. 
Ordcnsgcbiet und Herzogtum Preutzen. § 88. Das heibnische Volk 
ber Preußen war nicht germanischen, sonbern litauischen Stammes unb 
wohnte^ im Osten ber niebern Weichsel unb längs ber Ostsee. Mannig¬ 
fache Versuche, bieg Volk zum Christentum zu bekehren, waren bereits 
mißglückt, als ber polnische Herzog Konrab von Mastwien, ber sich seiner 
nicht zu erwehren vermochte, ben beutschen Ritterorben unter Hermann 
von Salza (Langensalza) im Jahre 1229 zu Hilfe rief. Der Hochmeister 
Hermann von Salza folgte bem Rufe unb schickte eine Anzahl Ritter mit 
gutem Kriegsvolk zur Eroberung bes Laubes. Sie grünbeten eine Anzahl 
fester Städte, wie Thorn, Graubenz, Elbing, Königsberg u. a., unb es 
gelang ihnen in harten Kämpfen bas Laub zu unterwerfen unb feine 
Bewohner zum Christentum zu bekehren. Da nun unzählige Kolonisten 
aus Deutfchlanb herbeiströmten unb sich in bem entvölkerten Gebiete an¬ 
sässig machten, so würbe es mit ber Zeit ein ganz beutsches Lanb, welches 
balb zu hoher Blüte gelangte. Aber bie Polen waren neibisch auf den 
deutschen Orden und mißgönnten ihm das Land. Anfangs vermochten 
sie freilich gegen die tapferen Ordensritter nichts auszurichten, nachdem 
aber das Königreich Polen und das dem Orden ebenfalls feinbliche Groß- 
fürftentum Littauen zu einem Reiche vereinigt worben waren, unterlag
	        
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