3 
35 
Mohns, sowie die schwanken Rispen der Hirse erhoben sich in- 
mitten der Ahrenfelder. 
An den Abhängen von warmer Lage aber waren in Thü- 
ringen und Frankén damals überall Rebengärten angelegt, und 
dieser alte Weinbau, welcher jetzt in denselben Landschaften fast 
untergegangen ist, mub in günstigen Jahren doch einen trinkbaren 
Mein hervorgebracht haben; denn es werden in den alten Ge— 
schichtsbüchern einige Weinjahre als vortrefflich gerühmt. Auch 
Hopfen wurde fleibig gebaut und zu gutem Biere benutzt. Schon 
ãte man von Futtergewächsen den Spergel und die Pferdebohne. 
Die Wiesen, hochgeschätzt, häufig eingezäunt, wurden sorgfältiger 
behandelt als 200 Jahre später; die Maulwurfshaufen zu zer— 
verfen und die Abzugsgräben, ja sogar Bewässerungsgräben zu 
mehen und zu erhalten, var gewöhnlich. Schon war Erfurt NMittel- 
punkt eines bedeutenden Handels mit Blumen, Blumensamen und 
feinen Obstsorten. Im ganzen war, wenn man verschiedene Zeiten 
miteinander vergleichen darf, die landwirtschaftliche Kultur im 
Jahre 1618 nicht geringer als etwa 1818. 
2. Die Lasten, welche auf dem Bauernstande lagen, Dienst- 
leistungen und Abgaben waren nicht gering, am größten auf den 
adligen Gütern; aber es gab aueh nicht wenige freie Bauerndörfer 
im Lande. Viele geistliche Güter waren zersehlagen worden, viele 
fürstücehe und nicht wenige adlige Güter wurden von Pächtern 
bewirtschaftet. Das alles kam dem Bauer zugute. Preilich der 
WViläschaden war ein drückendes Leiden, und auf den Gütern des 
ferarmenden Adels war von der alten Hörigkeit noch viel übrig 
geblieben. Die Gemeinderechnungen wurden seit fast hundert 
Jahren ordentlich geführt und von den Landesregierungen beauf- 
gichtigt; auch auf Ortszeugnisse und Heimatsscheine ward schon 
gehalten, und die Gemeinden empfahlen einander nachbarlich in 
gewãhlten Ausdrücken ihre Angehörigen, welche aus einem Dorfe 
dach dem andern zogen. Aueh der Handelsverkehr war nicht ge- 
ring. Durch Thüringen führte fast gleichlaufend mit den Bergen 
eine grohe Handelsstrabe von der Elbe zum Rhein und Main, und 
am Cpfall des Gebirges gegen die Werra lag der grobe Heer- 
pfad, weleher den Norden Deutschlands mit dem düden verband. 
Der Frachtverkehr auf den kunstlosen Straben erforderte Vor— 
spann und brachte den Dörfern Verdienst und Kunde aus der fernen 
Welt, auch manche Gelegenheit, Geld auszugeben. 
3. Wenigstens in allen Kirchdörfern gab es fSehulen; die Lehrer 
waren oft geistlichen Standes; auch Lehrerinnen für die Mädchen 
fanden sick zuweilen. Es wurde ein kleines Schulgeld gezahlt, und 
ein Teil der Dorfbewohner war in die Geheimnisse des Lesens 
und Schreibens eingeweiht. Der Gegensatz zwischen dem Land- 
manne und dem Städter war zwar damals gröhber als jetzt. Aber 
wie abgeschlossen und arm an wechselnden Eindrücken das Leben
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.