Contents: Die Alpen und Süddeutschland (Teil 1)

Kaiser Friedrich II. 
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einer Weltherrschaft. Zugleich aber wollte er auch die Macht seines Ge- 
schlechtes erhöhen und befestigen. Dies schien ihm auch, nach dem bisheri- 
gen Lauf der Dinge, durchaus nothwendig, um mit Nachdruck für die 
Wohlfahrt seiner Reiche und die Veredlung seiner Völker wirken zu können. 
Darum verschob er den von ihm versprochenen Kreuzzug, und ließ seine 
Gemahlin und seinen Sohn Heinrich nach Deutschland kommen, wo er dem 
Letzteren das Herzogthum Schwaben übergab. Bald darnach (1218) starb 
der Herzog Berthold von Zähringen kinderlos und Friedrich vertheilte dessen 
große Erbgüter unter die Seitenverwandten; einem derselben, dem Markgra¬ 
fen Hermann von Baden, gab er das Breisgau. Hierauf brachte er es 
dahin, daß — gegen den früheren Willen des Papstes — sein Sohn Hein¬ 
rich 1220 zum deutschen König erwählt ward; dafür verzichtete er zu Gun¬ 
sten der deutschen Bischöfe auf das „Spolienrecht" und gab den bischöfli¬ 
chen Städten gar viele Freiheiten. Nun zog er nach Italien und empfing 
in Rom aus der Hand des milden und nachgiebigen Papstes H onorius III. 
die Kaiserkrone, bei welcher Gelegenheit er mehrere Gesetze zum Vortheil 
der Geistlichkeit und zum Schutze der Einheit der Kirche gab. Dann eilte 
er, die Verhältnisse in Oberitalien weniger beachtend, in seine Erbreiche 
Apulien und Sicilien, um sie, welche er vor allen liebte, mit Weisheit und 
Kraft zu ordnen. 
In Deutschland hatte Friedrich II. seinen Sohn, den jungen König 
Heinrich, unter der Aufsicht des klugen und rechtschaffenen Erzbischofs Engel¬ 
bert von Köln zurückgelassen, welcher zugleich die Reichsverwaltung besorgte. 
Dennoch hätte gerade Deutschland damals die persönliche Thätigkeit des 
Kaisers selbst bedurft. Denn es war voller Fehden und Niemand vor zü¬ 
gelloser Gewalt sicher. 
Damals lebte in Thüringen eine edle Frau, Elisabeth, die Gattin des 
Landgrafen Ludwig, gleich wie ein Friedensengel in der bösen Zeit der Ge¬ 
walt. Ihr frommes Herz schlug voll treuer Liebe für's Volk. Das hat 
das Volk auch bis auf den heutigen Tag nicht vergessen, und ihre milden 
Werke wie Wunder gepriesen, sie selbst als eine Heilige verehrt. In 
den Geringsten und Äermsten sah die fromme Elisabeth nur Brüder und 
pflegte sie so; und wenn sie ihnen ihre fürstlichen Kleider vom Leib gegeben 
hatte, stand sie ohne allen Schmuck erst recht fürstlich und herrlich da. So 
wird von ihr erzählt, daß sie zur Zeit einer großen Hungersnoth gar viel 
Brot fürs Volk von der Wartburg in die Stadt Eisenach hinabtrug, was 
ihrem Gemahl, dem Landgrafen, von schlimmen Neidern so zugetragen wor¬ 
den ist, als ob sie leichtsinnig Alles verschwendete. Da ist er ihr eines 
Tages plötzlich in den Weg getreten und hat sie mit harten Worten ge¬ 
fragt: „Was trägst du da in deinem Mantel?" Und siehe: als sie den 
Mantel entfaltete, war alles Brot und Fleisch, was sie drunter barg, plötz¬ 
lich in lauter duftende Rosen verwandelt, und es schien dem Landgrafen auf 
einmal, als leuchte ein Kruzifir auf ihrer Stirne. In dieser Sage ist gar 
schön ausgedrückt, wie leicht es den Fürsten wird, sich die Liebe des Volks 
zu erwerben. Und wenn das Volk schon für Brot und Fleisch, in Hungers¬ 
noth gespendet, noch viel hundert Jahre lang dankt, — wie viel mehr 
ziemt's den Fürsten, dem Volk das alleredelste, was ihm gehört, Freiheit 
und Recht, zu geben; das vergäß' es gewiß nie! 
Während dieser Zeit hatte der Papst den Kaiser Friedrich II. unablässig 
zum Beginn des versprochenen Kreuzzuges angetrieben. Aber den Kaiser 
hielt noch immer die Feststellung der inneren Angelegenheiten seiner Reiche
	        
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