Metadata: Die Geschichte der letzten 50 Jahre

24. Die Parteikämpfe in Spanien. 
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aus der moderirten Partei, dessen Präsidentschaft Miraflores neben 
der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten erhielt, Jsturiz die der 
inneren. 
Narvaez und Christine gaben ihre einmal gescheiterten Pläne 
nicht auf: die gänzlich willenlose Jsabella II. ließ plötzlich in der 
Nacht Miraflores rufen und verlangte von ihm die Auflösung der 
Cortes, die eben am Tage vorher dem Ministerium ein Vertrauens- 
Votum gegeben hatten. Der Minister weigerte sich und gab, als die 
Königin darauf bestand, seine Entlassung. Am nächsten Morgen 
(17. März) war ein (zweites) Ministerium Narvaez gebildet 
und die Vertagung der Cortes decretirt. Kaum 14 Tage später, 
brach zwischen Narvaez und Christine ein Zwist aus, dessen wahre 
Ursachen noch nicht aufgeklärt sind, Narvaez gab (4. April) seine 
Entlassung und reiste nach Bayonne, Jsturiz bildete nicht ohne 
große Schwierigkeiten ein neues Cabinet, in welches der Finanz- 
Minister Mon nebst zwei anderen Mitgliedern des vorigen Cabinettes 
wieder eintrat. 
Die ganze Aufmerksamkeit der Regierung wandte sich der Ver¬ 
mählungsfrage zu, die im Geheimen zwischen Paris und Madrid 
aufs Eifrigste betrieben wurde. Die Candidatur Trapani, deren 
Unpopularität bei der Nation den Thron Jsabella's gefährdet hätte, 
wurde definitiv aufgegeben. Am 29. August machte die Gaceta 
von Madrid die bevorstehende Vermählung der Königin mit ihrem 
Vetter Franz de Assis bekannt; zugleich wurde officiös in Paris 
und Madrid angekündigt, daß die Infantin Luisa den jüngsten Sohn 
des Königs der Franzosen, Herzog von Montpensier, zu derselben 
Zeit heirathen werde. Gegen letztere Heirath erhoben sich im Jn- 
und Auslande die heftigsten Einsprüche. England reichte mit Be¬ 
ziehung auf den Utrechter Vertrag wiederholte Proteste gegen die 
Montpeusier'sche Heirath ein und erklärte, daß die englische Regie¬ 
rung die aus derselben entsprossenen Kinder nicht als erbberechtigt 
erkennen werde. Gleichzeitig erhob sich eine verhängnißvolle Spal¬ 
tung zwischen den Cabinetten von London und Paris, deren Folgen 
eine für die Geschicke Europa's traurige Wendung nahmen (s. S. 
156). Weder die französische noch die spanische Regierung ließen 
sich durch die Einsprache Englands von ihren einmal fest beschlossenen 
Plänen abbringen. Am 10. October, dem 16. Geburtstage der 
Königin, fand die Doppeltrauung mit großem Pompe Statt, welcher 
der englische Gesandte, der sich nach Aranjuez begeben hatte, nicht 
beiwohnte. Schon am 21. October führte Montpensier seine junge 
Gemahlin in seine Heimat an den Hof Ludwig Philipp's, nicht ahnend, 
wie bald schreckliche Stürme, die ohne seine Ehe sich vielleicht nie 
entfesselt hätten, den Thron seines Vaters zertrümmern und ihn 
selbst zwingen sollten, als Flüchtling in dem Lande eine Zuflucht 
zu suchen, das er zuerst im Glanze fürstlicher Macht betreten hatte. 
Franz de Assis empfing von seiner Gemahlin den Königstitel — die
	        
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