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Zeit" und bewirkte die geistige Wiedergeburt seines Volkes. Den Aus-
spruch seines Zeitgenossen, des leßten Propheten Maleachi: „Gedenket
der Lehre meines Knechtes Mose!" ergriff Esra mit Begeisterung und
übergab ihn gleichsam als Losungswort dem folgenden Jahrtausend.
Den Propheten, der durch göttliche Erleuchtung in freier Rede
Gottesfurcht und Tugend gepredigt hatte, löste nunmehr der Schrift-
gelehrte ab. Was die Gottesmänner dereinst mit hinreißender Bered-
samkeit den widerwilligen Zeitgenossen verkündigt hatten, das hatte jetzt
durch die Schule der Leiden in allen Herzen Widerhall und Verständnis
gefunden. Niemand ging mehr dem Göhendienste nach, alle Gemüter
beherrschte die eine Sehnsucht, das Geseß zu kennen und zu lernen,
wie es auszuführen sei. Dieses Streben ließ neben der Thora ein neues
Geisteswerk, das mündliche Gesetß, erwachsen, an dessen Ausbau alle
Geschlechter des neuen Jahrtausends rüstig mitgearbeitet haben. Den
Grundstein zu demselben hatte Mose gelegt in den Erklärungen und
Anweisungen, die er mündlich seinen Jüngern überliefert hatte. Mit
besonderem Eifer pflegte Esra dieses kostbare Erbe der vergangenen Ge-
schlechter. In seinem Geiste wirkten die Schriftgelehrten (DDD) die
es zu einem lebendigen, mit dem Volke herumziehenden Heiligtum aus-
gestalteten. Die „große Versammlung“, welche Esra ins Leben
rief, trug die geschichtlichen und rednerischen Denkmale der Vorzeit, die
schriftlich überliefert waren, sorgfältig zusammen. Sie ließ die Jugend
in der Thora unterrichten und befestigte das Erlernte in den Gemütern
der Erwachsenen durch Vorlesung und Erläuterung des Gesetzes in den
gottesdienstlichen Versammlungen, die sie allmählich überall im Lande
entstehen ließ. Sie machte einen Zaun um die Lehre, indem sie geeignete
Maßregeln schuf, durch welche das Gesetz in das Leben eingeführt und
mit Genauigkeit beobachtet wurde. So gedieh ihr stilles Wirken, im all-
gemeinen ungestört solange die Perser über Judäa herrschten.
Da trug der große Alexander mit seinen überlegenen Waffen die
hellenische Bildung und Gesittung nach dem fernen Osten. Ihm erlag
das Reich des Großkönigs von Persien, nach seinem jähen Tode erblühten
in unmittelbarer Nachbarschaft des heiligen Landes zwei Staaten,
Ägypten und Syrien, auf welche das Hellenentum am tiefsten und
nachhaltigsten eingewirkt hat. Beide machten Anspruch auf das phönizisch-
jüdische Küstenland und beiden ward es nach einander dienstbar. Für
die Juden folgte hieraus eine zwiespältige geistige Entwickelung.
In Ägypten, desssen Obmacht die Juden zuerst unterworfen waren,
erzeugte das einsichtige und bildungsfreundliche Herrschergeschlecht der
Ptolemäer eine herrliche Nachblüte des hellenischen Geistes. Die zahl-
reichen Iuden, welche von diesen Königen im Lande der alten Pharaonen
angesiedelt wurden, gelangten durch Fleiß und Betriebsamkeit zu Reich-