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Nachdenken, das Gefühl dessen, was man in
allen Dingen des Lebens einen bestern Ge¬
schmack nennet, erwachte. Die klastischen
Schriften der Griechen und Römer, welche
seit mehr als tausend Jahren theils unbekannt
geblieben, theils nicht mit wahrer Einsicht,
und nur einzeln, gelesen worden waren, wur¬
den wieder ans Licht gebracht, und verbreitet.
Eine beßere Litteratur, bey welcher sich der
Verstand, und das Herz des Menschen nach
sittlichen und bürgerlichen Vollkommenheiten
sehnet, trieb von allen Seiten gute Köpfe
an, auf die Abstellung von Unordnungen,
Mißbräuchen, und besonders der verschlim,
werten Sitten zu dringen. Die entsetzlichen
Folgen, welche eben diese im 15 und 16. Jahr¬
hundert herrschende Unsi'ttlichkeit, und grobe
Unwissenheit nach sich zog, dienten dem deut¬
schen Vaterland zu einer neuen Lehre, wie
nothwendig es sey, dem Vornehmen und Ge¬
ringen eine zweckmäßige Bildung, und Er¬
ziehung zu verschaffen, ihm durch gute Poli-
zeygesetze alle Gelegenheiten zur Liederlichkeit
aus den Augen zu rücken, und nicht mit der
äußern Gewalt allein, sondern vorzüglich durch
persönliche Einsichten und Tugenden, ver-
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