224 Siebter Zeitraum. Vom Westfäl. Frieden b. z. Thronbesteigung Friedrichs d. Gr.
4. Preußen wird zur Entschädigung für rückständige spanische Hilfs-
gelder mit einem Teile des spanischen Oberauartiers Geldern (süd-
lich von Kleve) abgefunden. 5. England erhält die spanische Berg-
festung Gibraltar und mehrere französische Kolonien in Nordamerika (Neu-
fundland, Neuschottland und die Hudsonsbailänder).
Pll Karl VI. wollte diese Bedingungen nicht anerkennen, und der
^deutsche Reichstag stimmte ihm bei. Der Kaiser verlangte namentlich die
Herausgabe des Elsaß. Aber bald zeigte sich wieder die Ohnmacht
des Reiches, seinen Forderungen Nachdruck zu geben. Die bewilligten Kriegs-
gelder gingen nicht ein, und die den einzelnen Ständen auferlegten Truppen
blieben aus oder waren nicht vollzählig. So mußte der kaiserliche Feld-
Herr Eugen von Savoyen vor den Franzosen zurückweichen. Im Frieden
zu Rastatt trat alsdann der Kaiser und zu Baden im Aargau (Schweiz)
auch das Reich dem Utrechter Frieden bei (1714).
e) Die oranische Erbschaft: Mörs, Singen, Neuenbürg. Nach
dem Tode des kinderlosen Wilhelm III. von England (1702) hatte Fried¬
rich I. als der Sohn der Kurfürstin Lonise Henriette die nächsten An-
sprüche auf die weit zerstreuten Besitzungen des Hauses Oranien. Aber
er erhielt, hauptsächlich wegen des Widerstandes der Republik Holland, nur
einen Teil derselben, nämlich Mörs, Lingen und Neuenburg.
Von den neuen Erwerbungen bildete die Grafschaft Mörs mit Mörs
und Krefeld eine gute Abrundung der niederrheinischen Lande; die Grafschaft
Lingen a. d. Ems schloß sich an die westfälischen Besitzungen (Ravensberg
und das von Friedrich I. durch Kauf erworbene Tecklenburg). Dagegen lag
das Fürstentum Neuenburg in der Schweiz weitab von den übrigen Teilen des
Preußischen Staates.
C. Die Erhebung Preußens zu einem Königreiche.
a) Beweggründe. Solange Friedrich III. noch Kurfürst war, richtete
sich sein Hauptstreben darauf, die Königskrone zu erlangen. Außer seiner
angeborenen Vorliebe für Glanz und Pracht spornte ihn namentlich der
Gedanke an die Standeserhöhung benachbarter Fürsten an. Sein Vetter
Wilhelm III. von Oranien war mit seiner Hilfe auf den englischen
Thron gelangt; sein Schwiegervater Ernst August von Braunschweig-
Lüneburg hatte die neugeschaffene neunte Kurwürde (Hannover) und
bald darauf für sein Haus die Anwartschaft auf die Krone Englands
erworben1. Der Kurfürst Friedrich August von Sachsen, wegen
beiden Häuser Savoyen und Brandenburg, denen noch eine große Zukunft bevor-
stand, fast zu gleicher Zeit die Königskrone erlangten.
1 Das Haus Hannover kam nach dem Tode der Königin Anna im Jahre
1714 aus den englischen Thron.