Full text: (Achtes und neuntes Schuljahr) (Teil 4 für Kl. 2 u. 1)

Kampf im offenen Feld für ehrenwert und weigerte sich, auf die Rat¬ 
schläge der Mutter einzugehen. 
Man zog also aus den Burgtoren. Nun begann aber Wate zum 
Angriff zu blasen. Dreißig Meilen weit hörte man es längs am Strande 
klingen, und als er zum dritten Male blies, da wallten die Meeres¬ 
wellen, und der Ufergrund wankte, und die Ecksteine wollten aus den 
Mauern springen. Im ersten Anlauf verwundete Hartmut Ortwin 
und den zu Hilfe eilenden Horand. An einer anderen Stelle trafen 
Herwig und Ludwig auseinander. Der starke Alte schlug seinen Gegner so, 
daß er zu Boden sank; aber Herwig raffte sich schnell wieder auf. Und 
indem er mit Scham emporblickte, ob Gudrun auch seine Schmach 
gesehen habe, sammelte er alle Kraft, verfolgte Ludwig und schlug ihm 
das Haupt herunter. 
In der Burg verkündete der Wächter den Fall des Königs, und 
Schreien und Wehklagen erscholl. Das hörte Hartmut, und von schlimmen 
Ahnungen erfüllt, wollte er jetzt die Seinen hinter die festen Mauern 
zurückführen. Aber er fand das Tor vom riesigen Wate besetzt. „Das 
ist mir ein schlimmer Pförtner," rief Hartmut; aber unverzagt warf 
er sich auf den Feind, und ein furchtbarer Zweikampf erhub sich. Als 
dieser endlich wegen der Erschöpfung der Gegner einen Augenblick ruhte, 
hörte Hartmut von dem oberen Rande der Mauer einen Angstschrei. Ein 
Diener, von der bösen Gerlinde dazu angestiftet, nahte sich eben der 
von oben zuschauenden Gudrun, um sie hinterrücks zu durchbohren. Aber 
mit Donnerworten scheuchte Hartmut den heimtückischen Schurken zurück 
und rettete so Gudrun zum zweiten Male das Leben. Dann nahm er den 
Kampf mit dem fürchterlichen Wate wieder auf. Das sah von oben die 
liebliche Ortrun, die eben erst die Kunde von dem Tode ihres Vaters 
vernommen hatte, und mit rührender Klage warf sie sich Gudrun zu 
Füßen. „Gedenke," rief sie, „wie dir zumute war, als man deinen 
Vater erschlug. Run sieh, mein Vater und meine Freunde sind tot; 
würde mir auch mein Bruder Hartmut erschlagen, so wäre ich ganz 
eine Waise. Vergilt nun alle Liebe, die ich dir erwies, und rette meinen 
Bruder vor dem schrecklichen Helden, mit dem er jetzt kämpft." Gern 
wollte Gudrun die Bitte ihrer Freundin erfüllen; aber der tobende Wate 
hörte sie nicht. Da gewahrte sie Herwig, winkte ihn heran und bat 
ihn, die beiden Kämpfer voneinander zu scheiden. Aber Wate verweigerte 
in seiner wilden Aufregung Herwigs Begehren, und da dieser dennoch 
zwischen die Streitenden sprang, versetzte er ihm einen Schlag, daß
	        
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