Full text: Lehrbuch der Geschichte des Mittelalters

Das Interregnum. König Ottokar II. von Böhmen. 81 
richs, des Sohnes Friedrichs II. und seine Nichte Gertrud.i) Der Kaiser 
ließ Osterreich durch Statthalter verwalten, aber Papst Innozenz IV., 
mit dem Friedrich II. im Kriege lag, suchte es einem der Kirche ergebenen 
Fürsten zuzuwenden. Ein solcher war der Markgraf Hermann von Baden. 
Dieser vermählte sich mit Gertrud, welcher Innozenz kraft seiner aposto— 
lischen Macht die Nachfolge zuerkannt hatte, worauf er von König Wilhelm 
belehnt wurde. Aber Hermann fand trotzdem keinen Anhang, auch starb 
er schon im Jahre 1250 kurz vor dem Kaiser. Jetzt boten die Bischöfe 
und viele der päpstlichen Partei ergebene Adelige Osterreichs dem böhmi— 
schen Prinzen Ottokar die Herrschaft an. Er folgte der Einladung, be— 
setzte das Land und vermählte sich, um auch die staufische Partei zu ge— 
winnen, mit Margareta, obgleich sie zweimal so alt war als er. Bald 
aber trat ihm Bela IV. von Ungarn entgegen, der dem Namen nach für 
Gertrud, die einen seiner Verwandten geheiratet hatte, in Wirklichkeit für 
sich auf Osterreich Ansprüche erhob. Ottokar, seit 1253 König von Böhmen, 
überließ ihm Steiermark; doch die Steirer wollten von der Herrschaft der 
Ungarn nichts wissen, erhoben sich und riefen Ottokar herbei. Bei Kroissen— 
brunn (in der Nähe der Marchmündung) kam es zwischen Ottokar und 
Bela IV. zur Schlacht, in welcher das ungarische Heer erlag (1260), 
worauf Steiermark wieder mit Böhmen vereinigt wurde. Jetzt trennte 
sich Ottokar von Margareta und heiratete Belas Enkelin Kunigunde. — 
Ihren Höhepunkt erlangte die Macht Ottokars, als er von seinem kinder— 
losen Oheim, dem Herzog Ulrich III. von Kärnten und Krain, auch 
noch diese Länder erbte (1269). 
So hatte Ottokar II. im Osten Deutschlands ein großes deutsch— 
slawisches Reich gegründet, das vom Riesengebirg bis an die Adria reichte. 
Durch eine zweckmäßige Verwaltung, durch Begünstigung deutscher An— 
siedler, die er in großer Zahl in seine slawischen Länder zog, durch Städte⸗ 
gründungen (Pilsen, Budweis, Aussig u. a.), endlich durch Hebung von In⸗ 
dustrie und Verkehr erhöhte er seine Einkünfte derart, daß man ihn den 
Boldenen König nannte. Um die deutschen Verhältnisse kümmerte er 
sich nicht; erst als wieder ein kräftiger Fürst den Thron Karls des Großen 
bestieg, wurde er an seine Pflicht als Vasall des deutschen Königs gemahnt. 
3. Die Wahl und Krönung Rudolfs. Am rechten Ufer der Aar, 
zwischen dieser und der untersten Reuß, stehen auf dem Wülpelsberg noch 
heute die Ruinen der Habichtsburg oder Habsburg (Fig. 26), des 
Stammsitzes des berühmten Habsburgischen Geschlechts. Die Grafen von 
Habsburg hatten weitausgedehnte Besitzungen in der Schweiz, in Schwaben 
1260 
1269 
1) Sieh Stammtafel der Babenberger S. 54. 
Zannak-Rebhann, Gesch. des Mittelalters für U. Kl. 13. Auil.
	        
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