Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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ivelclje England, das die Obergewalt über den ganzen unermeßlichen Län¬ 
derstrich in Anspruch nahm, den dahin Auswandernden verlieh, vor Allem 
das Recht, sich selbst eine Verfassung zu geben, und die unbedingteste Re¬ 
ligionsfreiheit lockten gar manchen braven und thätigen Mann aus Europa, 
welches seit Jahrhunderten der Schauplatz der blutigsten und unsinnigsten 
Meinungs- und Glaubensverfolgungen gewesen war. Die Bewohner dieses 
Theiles der neuen Welt waren daher die freisinnigsten, die freiheitsliebend¬ 
sten der ganzen Erde, und ihr Fleiß bei der Bebauung ihrer Felder, der 
Reichthum ihrer ausgebreiteten Fischereien verlieh ihnen bald einen gewissen 
Grad von Wohlstand. Nur um den Handel, die vorzüglichste Erwerbs¬ 
quelle aller Küstenländer, sah es für die Amerikaner lange Zeit nicht zum 
Besten aus, da sich die Engländer ganz desselben bemächtigt hatten, in¬ 
dem sie auf ihren Schiffen die Erzeugnisse der Kolonisten abholten und 
diesen wiederum brachten, was ihnen nöthig war. Dies gab Veranlassung 
zu einem unerlaubten Schleichhandel, welcher besonders dann in einem 
außerordentlichen Umfange getrieben wurde, als die Franzosen die Provinz 
Kanada besetzten und von hier aus den Engländern in ihren Kolonien allen 
möglichen Schaden zuzufügen suchten. Bald kam es daher zum Kriege 
zwischen England und Frankreich, und in den Kämpfen desselben trat zu¬ 
erst der Mann auf, welcher berufen war, fernem Vaterlande einst die Un¬ 
abhängigkeit zu erringen, dadurch den Grund zu der jetzt noch immer im 
Steigen begriffenen Größe der nordamerikanischen Freistaaten zu legen, 
und sich selbst eine Stelle unter den merkwürdigsten und ausgezeichnet- 
sten Menschen aller Zeiten und Völker zu erwerben. 
2. 
Georg Washington — dies ist der Name jenes Mannes — wurde 
als der Sohn eines reichen Gutsbesitzers am 22. Februar 1732 in Vir- 
ginien geboren. Sein Großvater war bereits im Jahre 1657 aus Eng¬ 
land nach Amerika ausgewandert. Schon als zehnjähriger Knabe verlor 
er seinen Vater, allein sein Hofmeister, ein braver, unterrichteter Mann, 
bot Alles auf, ihn durch die beste Erziehung für den harten Verlust zu 
entschädigen. Georg lernte unter seiner Leitung Alles, was er in seiner 
Lage und für seine künftige Bestimmung nöthig hatte, und seine außer¬ 
ordentlichen Anlagen und Fähigkeiten ließen ihn die schnellsten Fortschritte 
in allen Zweigen des Unterrichts machen. Besonders zog ihn seine Nei¬ 
gung zu der Mathematik und den Kriegswissenschaften hin und bald er¬ 
warb er sich in denselben so ausgezeichnete Kenntnisse, daß er schon als 
zwanzigjähriger Jüngling zum Major in der Miliz seines Vaterlandes er¬ 
nannt wurde. Als nun die Franzosen am Ohiostrom sich fest zu setzen 
begannen, versuchten die Engländer zuerst durch Unterhandlungen sie davon 
abzubringen, und Washington war es, dem man die Sendung anver¬ 
traute. Es gab dabei mannichfache Schwierigkeiten zu überwinden, denn 
man hatte es mit den klugen und verschlagenen Franzosen zu thun und 
mit der starren Unbiegsamkeit einiger Jndianerstämme. Mit einem einzigen
	        
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